7000 entwaffnete Farc-Rebellen vor ungewisser Zukunft
Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) vollenden heute das, was vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar schien: die Abgabe ihrer Waffen. Bei einer Zeremonie im größten der 26 Rückzugscamps der Farc in Mesetas im Departement Meta soll im Beisein von Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos und Farc-Chef Rodrigo Londoño, alias „Timochenko” symbolisch die letzte Waffe und die letzte Munition Vertretern der Vereinten Nationen übergeben werden.
Dann ist die einst größte Rebellenarmee Lateinamerikas als bewaffnete Gruppe endgültig Geschichte, und sieben Monate nach Unterzeichnung des Friedensabkommens wäre einer der wichtigsten Schritte zur Umsetzung der Übereinkunft vollendet.
Auf dem Weg zum endgültigen Frieden bleiben jedoch zwei weitere Schritte zu gehen: die Umwandlung der Farc in eine politische Partei sowie die Wiedereingliederung der 7000 Kämpfer in das zivile Leben. „Die Farc hören dann nicht auf zu existieren, sondern wir bewegen uns in die Legalität“, sagt Jesús Santrich, einer der Farc-Verhandlungsführer.
Aber gerade die Reintegration in die Normalität ist eine große Herausforderung. Was macht man mit Tausenden Frauen, Männern und Jugendlichen, von denen viele in ihrem Leben nichts anderes gelernt haben als Krieg zu führen und im Dschungel oder Untergrund zu leben? Unzählige Kämpfer der Rebellengruppe wurden bereits als Kinder oder Jugendliche rekrutiert oder schlossen sich aus Mangel an Alternativen den Farc in jungen Jahren selbstständig an.
Guerilleros der 48. Front im Urwaldgebiet des Putumayo im Süden Kolumbiens haben kurz vor der Demobilisierung erzählt, wie sie sich ihre Zukunft im Frieden vorstellen. Bei den Aussagen der Männer und Frauen im Alter von 19 bis 56 Jahren klingt in erster Linie Verunsicherung durch.
Gefragt sind medizinische Berufe
Für viele ehemalige Rebellen ist ein Leben in der Stadt oder in einem bürgerlichen Beruf kaum vorstellbar, einige wollen politisch für den Frieden arbeiten. Aber die meisten wollen nach Jahren und Jahrzehnten im Bürgerkrieg mit dem Thema Politik nichts zu tun haben: Männer träumen meist davon, Landwirte zu werden, andere wollen „etwas mit Computern“machen, aber die Mehrzahl der Demobilisierten strebt einen medizinischen Beruf an: Krankenschwester und -pfleger, Arzt und Zahnarzt steht auf der Wunschliste.
Da den meisten Ex-Guerilleros dafür die notwendige Voraussetzung fehlt, hilft die staatliche Agencia Colombiana para la Reintegración (ACR), die Wiedereingliederungsagentur. Sie unterstützt beim Nachholen von Schulabschlüssen und gegebenenfalls bei der Suche nach einem Studienplatz und bietet über maximal sechs Jahre psychologische und medizinische Hilfe. Wer sich selbständig machen will, bekommt einen Mikrokredit. Rund 50 000 ExKämpfern der Farc-Rebellen, der kleinen Linksguerilla ELN sowie der ultrarechten Paramilitärs hat die ACR seit ihrer Gründung vor knapp sechs Jahren in ein ziviles Leben verholfen. Aber jetzt kommen auf Staat und ACR mit 7000 auf einen Schlag demobilisierten Farc-Kämpfern neue Herausforderungen zu.