Aalener Nachrichten

Fein gezupft und gezirpt

Medea Bindewald brilliert auf dem Cembalo in der Villa Stützel

- Von Johannes Müller

AALEN - Zum dritten Mal hatten die Musikfreun­de das Vergnügen, Medea Bindewald solo auf dem Cembalo zu erleben. Eingeladen hatte die Villa Stützel im Rahmen ihrer Konzertrei­he. Die in England lebende Künstlerin hat sich ganz auf das Cembalo, das Vorgängeri­nstrument des Klaviers, spezialisi­ert.

„Gemeinsam mit dem Klavier hat das Cembalo eigentlich nur die Tasten“, erläutert Medea Bindewald. Was beim Klavier mit Hämmerchen angeschlag­en wird, kommt beim Cembalo über Federkiele gezupft und gezirpt daher. Das verleiht dem Klang eigenartig­en Reiz, leuchtende Transparen­z und zarte Leichtigke­it.

Die Künstlerin bringt ihr eigenes Instrument mit, ein Nachbau eines französisc­hen Originals aus dem 18. Jahrhunder­t, stilecht dekoriert. Zwei Manuale und drei Register erlauben Veränderun­gen in Tonhöhe und Färbung des Klangs. Bei ihrem dritten Aalener Konzert nimmt Bindewald die Zuhörer auf eine abenteuerl­iche Reise durch „fremde Welten“mit.

Es war schon in der Barockzeit so, dass kaum mögliche Fernreisen durch Literatur und Musik ersetzt wurden. Man reiste musikalisc­h nach Ägypten, China und zu den wilden Skythen, einem gefürchtet­en Reitervolk der Antike, deren Nachfahren im heutigen Albanien noch Blutrache verüben. So wählte Bindewald Werke von Rameau, Couperin und Tapray, die schon ihren Zuhörern im 18. Jahrhunder­t Schauder über den Rücken jagten.

Anstelle von Schauder traten bei Bindewalds Cembalo-Glitzerket­ten Wohlgefall­en und Vergnügen. Die drei französisc­hen Komponiste­n bedienten sich bei damaligen Opern und malten sie in farbigen und fasziniere­nden Szenen aus. Medea Bindewald, bekannt und geschätzt in zahlreiche­n Auftritten bei Festivals und Kultursomm­ern in ganz Europa, glänzte in der Interpreta­tion der rasanten Läufe und überschwän­glichen Klangkaska­den.

Damit das Ganze die Zuhörer nicht im Musikrausc­h erschlägt, steuerte die Künstlerin mit abwechslun­gsreicher Auswahl ihres Programms und mit geschickte­r Nutzung der technische­n Ausstattun­g ihres Instrument­es erfolgreic­h dagegen. Die Leichtigke­it der temporeich­en Läufe und die strukturel­le Gestaltung der Werke ließen das Konzert zum großen Erlebnis werden.

Abschließe­nder Höhepunkt war sicher Mozarts Sonate in A-Dur. Die gewaltigen musikalisc­hen Wasserfäll­e der Franzosen wurden wohltuend abgelöst durch tänzerisch­e Melodiense­ligkeit des Österreich­ers. Neue Farben bekannter Werke lösten Wiedererke­nnungseffe­kte aus. Bei Mozarts türkischem Marsch stieß die sonst erstaunlic­he Fingerfert­igkeit der Künstlerin allerdings ein wenig an ihre Grenzen. Den langen Beifall belohnte sie mit drei Zugaben.

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