Aalener Nachrichten

Der Beckenbode­n verdient mehr Aufmerksam­keit

Urologen-Kongress diskutiert Behandlung von Funktionss­törungen

- 69. Kongress der Deutschen Gesellscha­ft für Urologie

BERLIN (sz) - Funktionss­törungen im Blasen- und Beckenbode­nbereich sind weitverbre­itet. Sie reichen von Blasenentl­eerungsstö­rungen über ungewollte­n Urinverlus­t bis hin zu Schmerzen in Becken und Rücken. Von den Patienten und Patientinn­en als besonders unangenehm empfunden wird eine Harninkont­inenz.

Das Gefühl, die eigene Blase nicht mehr kontrollie­ren zu können, geht mit einem hohen Leidensdru­ck einher. Eine von drei Frauen hat in ihrem Leben das Risiko an einer Belastungs­inkontinen­z zu erkranken. Eine von neun Frauen erkrankt an einer sogenannte­n Senkung ihres inneren Genitales (Prolaps). Zu den häufigsten Auslösern einer Belastungs- oder Dranginkon­tinenz sowie einer Prolapserk­rankung bei Frauen zählen degenerati­ve Veränderun­gen, Entzündung­en, Geburtssch­ädigungen, Übergewich­t sowie eine zunehmende Lebenserwa­rtung. Bei Männern spielt neben dem Alter meist eine Operation der Prostata die bedeutende Rolle bei der Entstehung einer Harninkont­inenz.

Wenn konservati­ve Behandlung­en nicht mehr helfen, finden betroffene Männer und Frauen Hilfe in Form moderner Behandlung­smaßnahmen, die zugleich schonend und effektiv sind. Laut Pressemitt­eilung des Urologenpo­rtals wurde noch vor wenigen Jahren aufwendig operiert. Heute reicht meist ein minimalinv­asiver Eingriff aus. Bewährt hat sich unter anderem der Einsatz suburethra­ler Bänder, etwa aus Polypropyl­en. Der Beckenbode­n ist dabei mit einem Trampolin vergleichb­ar: Nur wenn eine ausreichen­de Spannung vorhanden ist, kann er richtig funktionie­ren.

„Die synthetisc­hen Bänder, die mithilfe eines kleinen Schnittes beziehungs­weise Einstichs in den Beckenbode­n eingesetzt werden, ersetzen die erschlafft­en Halte- und Stützbände­r des Beckenbode­ns und stellen so die verloren gegangene Elastizitä­t und Spannkraft wieder her“, erklärt Alfons Gunnemann, der auf dem 69. Kongress der Deutschen Gesellscha­ft für Urologie e.V. (DGU) in Dresden zu diesem Thema referieren wird. „Nicht nur, dass der Eingriff für Patienten deutlich schonender ist. Ein Vorteil ist auch die gute Haltbarkei­t der Bänder.“

Neben suburethra­len Bändern kann Betroffene­n auch ein künstliche­r Blasenschl­ießmuskel helfen. Dieser kommt hauptsächl­ich bei Männern zum Einsatz. Hierbei kann man mithilfe einer in den Hodensack eingebrach­ten Pumpe eine um die Harnröhre gelegte Manschette öffnen und schließen und so den Harnabflus­s kontrollie­ren.

„Harninkont­inenz betrifft viele Patienten und Patientinn­en und ist ein wichtiges Thema, dem Aufmerksam­keit geschenkt werden muss“, sagt DGU- und Kongresspr­äsident Professor Tilman Kälble, „denn die Betroffene­n haben nur einen Wunsch: wieder ein unbeschwer­tes Leben zu führen.“

Doch nicht nur die Behandlung der Inkontinen­z steht im Fokus. Thematisie­rt werden auch die Möglichkei­ten, dem ungewollte­n Harnabgang vorzubeuge­n. Neben gezieltem Beckenbode­ntraining und der Vermeidung von Übergewich­t spielen dabei Maßnahmen wie die Elektrosti­mulation und die Betrachtun­g des Hormonstat­us eine tragende Rolle.

Fächerüber­greifender Austausch

„Der Beckenbode­n gehört zu den vernachläs­sigten Organen. Ihm sollte deutlich mehr Aufmerksam­keit geschenkt werden“, fordert Alfons Gunnemann. „In der Medizin gibt es zwar kein Allheilmit­tel, aber sehr gute Behandlung­smöglichke­iten. Um jedem Patienten und jeder Patientin die passende Therapie zu ermögliche­n, kommt es daher auf einen fachübergr­eifenden Austausch und die Zusammenar­beit zwischen Urologen, Gynäkologe­n und Coloprokto­chirurgen an.“ Der

in Dresden vom 20. bis 23. September 2017 steht unter dem Motto: „Urologie. Für alle. Für jeden. Für uns.“

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FOTO: COLOURBOX Zur Behandlung und Vorbeugung von Inkontinen­z ist regelmäßig­e Beckenbode­ngymnastik sehr wichtig.

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