Lächelnd zurück
Mit Petra Kvitova rechnet das Tennis für Wimbledon
BIRMINGHAM/LONDON (dpa) - Petra Kvitova hätte zu Weihnachten wohl niemanden ernst genommen, der sie zur Mitfavoritin für Wimbledon erklärt hätte. Zu schwerwiegend war die Verletzung an ihrer linken Hand, der Schlaghand, zu weit weg waren die Gedanken an Tenniserfolge nach der brutalen Messerattacke. Doch nach ihrem beeindruckenden Comeback mit dem Turniersieg in Birmingham drängt mancher die Tschechin für das nächste Woche beginnende Rasenspektakel in London in eine Rolle, die vor Kurzem undenkbar schien. „Wir wussten nicht, ob ich je wieder spielen, geschweige denn einen Pokal gewinnen kann“, sagte Kvitova, nachdem sie mit 4:6, 6:3, 6:2 im Endspiel von Birmingham gegen die Australierin Ashleigh Barty gewonnen hatte. „Ich habe das nicht erwartet. Es ist wie ein Märchen.“
Ein halbes Jahr ist der Überfall jetzt her. Für die Wimbledonsiegerin von 2011 und 2014 war Birmingham erst der zweite Turnierauftritt nach der Zwangspause. „Kvitova triumphiert“, schrieb die tschechische Zeitung „Pravo“über den 20. WTA-Titel der Linkshänderin. Das Jubiläum war jedoch eine unbedeutende Randnotiz angesichts ihrer Geschichte: Ende Dezember wollte sie sich gegen einen Einbrecher wehren, wurde schwer an Sehnen und Muskeln aller fünf Finger der linken Hand verletzt. Spezialisten operierten fast vier Stunden lang; Kvitova stand kurz vor dem Karriereende ... und kämpfte sich zurück.
„Ich habe mich durch eine sehr schwere Zeit meines Lebens geschlagen. Ich habe mich angestrengt, gesund zu werden und die Finger wieder bewegen zu können“, blickt sie heute zurück. „Meine Hand ist nicht bei hundert Prozent und wird es nie sein.“Kurzfristig hatte sich die Tschechin entschieden, dennoch Ende Mai bei den French Open in Paris auf die Tour zurückzukehren. Sie musste sich in der zweiten Runde knapp geschlagen geben. Nach Birmingham war die Rasenspezialistin dann gekommen, um Matchpraxis vor Wimbledon zu sammeln. Fünf Partien gewann sie, verwandelte mit einem Ass den Matchball, ließ gerührt den Schläger fallen und umarmte am Netz strahlend ihre Gegnerin.
Aus ihrer Vorliebe für Rasen macht die Weltranglistenzwölfte keinen Hehl. „Ich spiele gerne im Finale auf Gras, gerne auch noch mehr. Es würde mich auch nicht ärgern, wenn dem in ein paar Wochen so ist“, sagte die 27-Jährige mit Blick auf Wimbledon. Ihren Sport weiß sie allerdings nach der harten Zeit so oder so noch mehr zu schätzen als zuvor: „Ich werde sogar, wenn ich verliere, lachen und glücklich sein, dass ich zurück bin.“