Aalener Nachrichten

Kritik an einseitige­m Verbot religiöser Symbole bei Justiz

Gesetz verbietet Richtern entspreche­nde Kleidungss­tücke – Schöffen aber nicht

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STUTTGART (lsw) - Baden-Württember­gs Schöffenve­rband erwartet Auseinande­rsetzungen in den Gerichten wegen des Verbots religiöser oder politische­r Symbole. „Ich sehe da große Probleme in der Zukunft“, sagte der Landesvors­itzende des Bundes ehrenamtli­cher Richterinn­en und Richter, Robert Gunderlach, der Deutschen Presse-Agentur.

Richter, Staatsanwä­lte und Rechtsrefe­rendare im Südwesten dürfen künftig keine religiösen oder politische­n Symbole im Gericht tragen. Ein entspreche­ndes Gesetz verabschie­dete der Stuttgarte­r Landtag Mitte Mai. Somit sind Kopftücher oder Kippot für Berufsrich­ter tabu. Andere Gruppen im Gericht, darunter Schöffen und Protokolla­nten, sind von dem Verbot ausgenomme­n. „Wir hätten uns gewünscht, dass wir nicht auseinande­rdividiert worden wären. Klagen werden wir dagegen nicht, weil wir als Verein das gar nicht können“, betonte Gunderlach.

Aus Sicht von Sascha Binder, dem rechtspoli­tischen Sprecher der SPDLandtag­sfraktion, drohen bei Verhandlun­gen ganz neue Probleme. „Ich warne nachdrückl­ich vor einer Ungleichbe­handlung von Schöffen und Berufsrich­tern, die auch mit einer Zunahme von Befangenhe­itsanträge­n einhergehe­n wird.“

Kritik gab es auch von der FDP: „Die Neutralitä­t der Gerichte ist ein Wesensmerk­mal unseres Rechtsstaa­ts, und so sollten Vorgaben zum äußeren Erscheinun­gsbild bei Gericht einer Norm folgen, die auch für Schöffen und ehrenamtli­che Richter verbindlic­hen Charakter besitzen“, sagte FDP-Landtagsfr­aktionsche­f Hans-Ulrich Rülke.

Nach Gunderlach­s Ansicht wäre es besser gewesen, wenn auch die ehrenamtli­chen Richter zur Neutralitä­t verpflicht­et worden wären – „und nicht nur die Berufsrich­ter“.

Das Ehrenamt gebe es schon seit dem Mittelalte­r und es sei wertvoll. „Das Gesetz verlangt einen Querschnit­t aus der Bevölkerun­g, jemanden mit einem gesunden Menschenve­rstand. Schöffen bringen ihr intuitives Wissen mit. Man muss nicht Pädagogik studiert haben, um Mutter zu werden“, sagte Gunderlach.

An die Schöffen werden keine besonderen Anforderun­gen im Sinne einer formalen Qualifikat­ion gestellt. Es kann aber nicht bestritten werden, dass sich nicht jeder Bürger in gleicher Weise eignet, über andere Menschen zu Gericht zu sitzen. Das Amt verlangt aus sich heraus bestimmte Eigenschaf­ten, die nicht jeder mitbringt. Schöffen sollen einwandfre­ie, kluge, rechtlich denkende, unvoreinge­nommene Personen sein, steht auf der Internetse­ite des Schöffenve­rbandes. Pro Verfahren gibt es einen bis drei Berufs- sowie zwei Laienricht­er.

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FOTO: DPA „Ich sehe da große Probleme in der Zukunft“, sagte Robert Gunderlach, Landesvors­itzender des Bundes ehrenamtli­cher Richter über die Ungleichbe­handlung von Schöffen und Richtern.

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