Christian Stückl weiß die Massen auf der Bühne zu bewegen
Reife Leistung: Wagners „Der fliegende Holländer“am Oberammergauer Passionstheater
OBERAMMERGAU (dpa) - Zum zweiten Mal bietet Christian Stückl am Oberammergauer Passionstheater große Oper. In Wagners „Der fliegende Holländer“beeindruckte vor allem die Leistung des 180-köpfigen Laienchors.
Oper in der Provinz? Klassikfreunde mögen die Nase rümpfen. Doch wer sich am Freitagabend in Oberammergau Christian Stückls packende Neuinszenierung von Richard Wagners Seefahrerdrama ansah, wurde eines Besseren belehrt. Riesenjubel für eine musikalisch wie darstellerisch reife Leistung. Und das letzte Quäntchen Perfektion wurde durch den Enthusiasmus der Darsteller mehr als ausgeglichen.
Stückl, Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele und Intendant des Münchner Volkstheaters in Personalunion, inszeniert das Märchen vom Geisterkapitän als Drama dreier Außenseiter: des Holländers, der verdammt ist, bis in alle Ewigkeit durch die Weltmeere zu segeln und Senta, die sich in den unglücklichen Mann verliebt und dafür den braven Erik sitzen lässt. Doch auch der hadert mit der Gesellschaft und wird als gehörnter Bräutigam verhöhnt. Stückl findet schöne Regielösungen für heikle Passagen der Oper, wie die spinnende Schar von Dorfmädels, die er als satirische Chorprobe präsentiert.
Eigentlich ist Wagners „Holländer“eine Choroper mit drei großen Ensembles, die zuweilen in regelrechten Chorduellen gegeneinander antreten: Dorfmädchen, Dalands Matrosen und die geisterhafte Mannschaft des Holländers. Stückl weiß als Leiter der Oberammergauer Passion, wie man Menschenmassen auf der Bühne platziert und in Bewegung hält. Der lettische Dirigent Ainars Rubikis legt zügige Tempi vor und bietet mit seinem international besetzten Projektorchester Neue Philharmonie München einen ganz unromantisch-geschärften „Holländer“. Obwohl gerade erst von einer Bronchitis genesen, bewältigte die lettische Sopranistin Liene Kinca die Partie der Senta mühelos. Der sonore ungarische Bass Gábor Bretz gab einen gut aussehenden, souverän agierenden Holländer, dem der dänische Tenor David Danholt in puncto Phrasierungskunst und schauspielerischem Ausdruck nicht nachstand. Weitere Aufführungen am 2., 14., 16., 21. und 23. Juli, 20 Uhr.