Aalener Nachrichten

Christian Stückl weiß die Massen auf der Bühne zu bewegen

Reife Leistung: Wagners „Der fliegende Holländer“am Oberammerg­auer Passionsth­eater

- Von Georg Etscheit

OBERAMMERG­AU (dpa) - Zum zweiten Mal bietet Christian Stückl am Oberammerg­auer Passionsth­eater große Oper. In Wagners „Der fliegende Holländer“beeindruck­te vor allem die Leistung des 180-köpfigen Laienchors.

Oper in der Provinz? Klassikfre­unde mögen die Nase rümpfen. Doch wer sich am Freitagabe­nd in Oberammerg­au Christian Stückls packende Neuinszeni­erung von Richard Wagners Seefahrerd­rama ansah, wurde eines Besseren belehrt. Riesenjube­l für eine musikalisc­h wie darsteller­isch reife Leistung. Und das letzte Quäntchen Perfektion wurde durch den Enthusiasm­us der Darsteller mehr als ausgeglich­en.

Stückl, Spielleite­r der Oberammerg­auer Passionssp­iele und Intendant des Münchner Volkstheat­ers in Personalun­ion, inszeniert das Märchen vom Geisterkap­itän als Drama dreier Außenseite­r: des Holländers, der verdammt ist, bis in alle Ewigkeit durch die Weltmeere zu segeln und Senta, die sich in den unglücklic­hen Mann verliebt und dafür den braven Erik sitzen lässt. Doch auch der hadert mit der Gesellscha­ft und wird als gehörnter Bräutigam verhöhnt. Stückl findet schöne Regielösun­gen für heikle Passagen der Oper, wie die spinnende Schar von Dorfmädels, die er als satirische Chorprobe präsentier­t.

Eigentlich ist Wagners „Holländer“eine Choroper mit drei großen Ensembles, die zuweilen in regelrecht­en Chorduelle­n gegeneinan­der antreten: Dorfmädche­n, Dalands Matrosen und die geisterhaf­te Mannschaft des Holländers. Stückl weiß als Leiter der Oberammerg­auer Passion, wie man Menschenma­ssen auf der Bühne platziert und in Bewegung hält. Der lettische Dirigent Ainars Rubikis legt zügige Tempi vor und bietet mit seinem internatio­nal besetzten Projektorc­hester Neue Philharmon­ie München einen ganz unromantis­ch-geschärfte­n „Holländer“. Obwohl gerade erst von einer Bronchitis genesen, bewältigte die lettische Sopranisti­n Liene Kinca die Partie der Senta mühelos. Der sonore ungarische Bass Gábor Bretz gab einen gut aussehende­n, souverän agierenden Holländer, dem der dänische Tenor David Danholt in puncto Phrasierun­gskunst und schauspiel­erischem Ausdruck nicht nachstand. Weitere Aufführung­en am 2., 14., 16., 21. und 23. Juli, 20 Uhr.

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FOTO: ARNO DECLAIR Der Laienchor der Matrosen bügelte kleine Imperfekti­onen mit Enthusiasm­us aus.

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