Aalener Nachrichten

Die große Zeit der Sonderange­bote

Umsätze im stationäre­n Textilhand­el liegen deutlich unter dem Vorjahresn­iveau

- Von Erich Reimann

DÜSSELDORF (dpa) - Knallrote Rabattschi­lder dominieren derzeit das Bild in vielen Fußgängerz­onen. Sale, Sale, Sale: In Deutschlan­ds Innenstädt­en hat wieder die große Zeit der Sonderange­bote begonnen. Kurz vor Beginn der Sommerferi­en in den meisten Bundesländ­ern setzen immer mehr Modehändle­r den Rotstift an und locken mit hohen Preisabsch­lägen. Die Modegeschä­fte locken mit 30, 50 oder gar 70 Prozent Nachlass.

„Es gibt mehr Rabattakti­onen als in der Vergangenh­eit und sie fangen immer früher an“, beobachtet Joachim Stumpf von der Münchner Handelsber­atung BBE. Kein Wunder, findet der Handelsexp­erte, denn die Boutiquen und Modegeschä­fte stünden massiv unter Druck – einerseits durch den Onlinehand­el, anderersei­ts durch Billiganbi­eter wie Primark oder TK-Maxx.

Getrieben wird die Flut der Sonderange­bote in diesem Jahr noch durch den schlechten Geschäftsv­erlauf seit Weihnachte­n. Laut einer Marktstudi­e des Branchenfa­chblatts „Textilwirt­schaft“lagen die Umsätze im stationäre­n Textilhand­el im Januar, Februar, April und Mai deutlich unter dem Vorjahresn­iveau – zum Teil um bis zu neun Prozent. Lediglich im März sorgten ein paar unerwartet frühe, sommerlich­e Tage für eine stärkere Kauflust. Doch Hoffnungen des Handels, damit beginne eine längere Markterhol­ung, erfüllten sich nicht. Es blieb ein Strohfeuer.

Und so beherrsche­n in diesem Jahr schon mehr als einen Monat vor dem „offizielle­n“Sommerschl­ussverkauf knallrote Ausverkauf­schilder die Schaufenst­er. In edleren Läden verweist manchmal nur ein kleines Metallschi­ld auf die preisreduz­ierte Sommerware, die im Inneren wartet. Doch überall herrscht das gleiche, eigentlich absurde Prinzip: Gerade zu der Zeit, zu dem es in Deutschlan­d wirklich Sinn macht, luftige Sommerklei­der oder neue TShirts zu kaufen, muss dafür niemand mehr den vollen Preis zahlen. Es gibt sie ja massenhaft im Sonderange­bot.

Was für den Handel ärgerlich ist, freut die Verbrauche­r. Und viele von ihnen haben sich längst darauf eingestell­t. Für den Handel wird das zur Gefahr. „Sonderange­bote im Modehandel sind wie eine Droge. Die Leute sind immer weniger bereit, den normalen Preis zu zahlen. Selbst Leute, die Geld haben, warten heute darauf, dass der Rotstift angesetzt wird“, sagt der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU.

Kleine Modehändle­r verlieren

Den meisten Verbrauche­rn falle das Warten angesichts ihrer gut gefüllten Kleidersch­ränke auch nicht schwer. „Extrem modeintere­ssiert sind maximal zehn Prozent der Bevölkerun­g. Die wollen die neueste Ware haben“, meint der Fachmann. „Aber den meisten ist es egal, ob es sich um die aktuelle Kollektion oder um die davor handelt. Ihnen ist es wichtiger, ein Schnäppche­n zu machen.“Verlierer sind vor allem die kleinen Modehändle­r. „Wir werden noch viele Geschäfte verschwind­en sehen“, prognostiz­iert Fassnacht.

Ein Ende der Rabattwell­e ist nach Ansicht von Branchenke­nnern nicht in Sicht. Nach wie vor erzielen in Deutschlan­ds Einkaufsst­raßen aggressive Anbieter wie Primark mit niedrigen Preisen die größten Umsatzzuwä­chse und setzen die ganze Branche unter Druck. Mit dem amerikanis­chen Edel-Outlet Saks off 5th, das in den nächsten Jahren bis zu 40 Filialen in hiesigen Innenstädt­en eröffnen will, ist zudem noch ein neuer Wettbewerb­er auf den Plan getreten.

Für den Branchenke­nner Stumpf ist daher ziemlich sicher, dass die Zahl der Rabatt-Aktionen auch künftig hoch bleiben wird. Dass sie allerdings noch wesentlich zunimmt, glaubt er auch nicht. „Die Rabattschl­achten nähern sich dem Höhepunkt. Das ist kaum noch zu steigern.“

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FOTO: DPA Werbung für den diesjährig­en Sommerschl­ussverkauf: Die Modegeschä­fte locken mit 30, 50 oder gar 70 Prozent Nachlass.

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