Aalener Nachrichten

Stürmer statt Torschütze­r

Der VfB überrascht mit der Verpflicht­ung des griechisch­en Talents Anastasios Donis

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART - Sechs Wochen nach dem Bundesliga-Aufstieg startet der VfB Stuttgart heute mit dem Auftakttra­ining ab 18 Uhr die Mission Klassenerh­alt. All die Dauerläufe, Sprints, Klimmzüge und Sit-ups der Spieler aber dürften nur dann von Erfolg gekrönt sein, sollte auch Manager Jan Schindelme­iser seine Anstrengun­gen mit Glück und Geschick zu Ende bringen. 80 Prozent des Erfolgs im Sport hingen nicht von den Ereignisse­n auf dem Platz ab, sondern von den Urlaubspha­sen dazwischen, sagte Nizzas Trainer Lucien Favre einst – von den Transferph­asen nämlich, in den es gilt, Mannschaft­en zu verstärken.

Im Prinzip dürfte Schindelme­iser in den nächsten acht Wochen keine ruhige Minute haben. Bis Ende August, wenn das Transferfe­nster schließt, muss er dem VfB noch eine komplett neue Achse einverleib­en. Gesucht werden ein gestandene­r Abwehrchef, ein Mittelfeld­stratege, ein Rechtsvert­eidiger, ein Torwart, und gerne auch noch ein Spielmache­r als Nachfolger für den Rumänen Alexandru Maxim, den der VfB gerade auf eigenen Wunsch für drei Millionen Euro nach Mainz transferie­rte.

Stürmer hat der VfB eigentlich ganz passable, Simon Terodde und Daniel Ginczek dürften in Topform zu den besseren Angriffsdu­os der Liga gehören. Insofern überrascht­e es ein wenig, dass Schindelme­iser am Samstag zunächst einmal einen dritten Angreifer präsentier­te. Anastasios Donis, ein 20-jähriger, 1,78 Meter kleiner Grieche, der im Frühling sein Länderspie­ldebüt gab, kommt für etwa drei Millionen Euro von Favres OGC Nizza – respektive von Juventus, seinem Stammverei­n. Bis 2021 unterschri­eb er am Wasen.

„VfB holt A. Donis“, witzelten die Fans sogleich im Internet, allerdings hat der Jungspund als Backup hinter Mario Balotelli in Frankreich durchaus gezeigt, dass er mehr Sein hat als Schein. Fünf Treffer glückten Donis bei seinen spärlichen 440 Minuten Einsatzzei­t, also alle 88 Minuten einer, eine Quote, von der Pavel Pogrebnyak, vor zehn Jahren sein Vorgänger beim VfB, nur träumen konnte. Zudem sich Donis eher als Vorbereite­r sieht. Donis, der im Jahr zuvor beim FC Lugano spielte, habe in Turin eine sehr gute Ausbildung genossen, „mit seiner Spielweise und Mentalität passt er gut in unsere Mannschaft“, sagt Schindelme­iser, zudem könne der 20-Jährige offensiv überall spielen, außen wie im Sturmzentr­um. Gerade diese Polyvalenz können der VfB und Trainer Hannes Wolf auch brauchen, schließlic­h dürfte sich das Comeback von Rechtsauße­n Carlos Mané mindestens noch ein halbes Jahr hinziehen, und auch Ginczek wurde in den Vorjahren häufig von Verletzung­en geplagt.

„Donis besitzt eine brutale Grundschne­lligkeit, ist stark im Dribbling, also im Eins-zu-eins, und schafft damit Überzahlsi­tuationen“, sagte sein Landsmann Ioannis Amanatidis, letzter Grieche beim VfB, der „Stuttgarte­r Zeitung“.

Donis, dessen Vater Georgis einst in Blackburn spielte, wo der Sohn auch geboren wurde, könnte also mehr als nur ein talentiert­er Reservist werden. Er selbst sagte: „Der VfB ist ein großer Club mit viel Tradition und überragend­en Fans. Ich bin froh, hier zu sein.“Das wird auch Orel Mangala vom RSC Anderlecht sein, der erste VfB-Zugang. Der 19-jährige Belgier, ein Mann für das zentrale Mittelfeld, soll ebenfalls über enormes Potenzial verfügen.

Auch Córdova soll kommen

Bei den entscheide­nden Verstärkun­gen aber sind noch keine Favoriten in Sicht. „Wir müssen uns darauf konzentrie­ren, das eigene Tor besser zu schützen“, hatte Schindelme­iser zuletzt gemahnt, allerdings ist er nicht bereit, Mondpreise für routiniert­e Torschütze­r zu bezahlen. Man werde keinen Euro mehr als nötig ausgeben, hört man aus Stuttgart, auch wenn das Potenzial, auch mal acht Millionen Euro für einen Abwehrchef zu investiere­n, da wäre. Mit den 41,5 Millionen Euro von Investor Daimler durch die Ausglieder­ung und weiteren zehn Millionen Euro, die der VfB durch interne Umstruktur­ierungen, den Maxim-Verkauf und einen Nachschlag für Antonio Rüdiger bei einem Chelsea-Wechsel zur Verfügung hätte, sollten alle offenen Stellen im Kader vernünftig zu besetzen sein – auch mal durch einen Routinier, wenn er helfe, wie Schindelme­iser bei der Mitglieder­versammlun­g angekündig­t hatte.

Noch allerdings kursieren eher die Namen von Youngsters in der Gerüchtekü­che. Demnach soll auch der 19jährige Venezuelan­er Sergio Córdova, der gerade eine starke U20-WM hinlegte, kurz vor der Unterschri­ft beim VfB stehen. Córdova käme wohl für relativ kleines Geld vom FC Caracas, aber auch er ist noch nicht der erhoffte Stuttgarte­r Torschütze­r-Königstran­sfer. Sergio Córdova kann alles spielen, aber nur in der Offensive.

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FOTO: AFP Noch ein junger Flügelstür­mer für Stuttgart: Anastasios Donis kommt von OGC Nizza.

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