Gut gemeint ist nicht immer praxistauglich
Ministerialdirigent Hauck spricht bei der Ipfmess-Bauernkundgebung an, wo die Landwirte der Schuh drückt
BOPFINGEN - Klare Kante, Kritik an Bürokratie und Regulierungswahn, Breitseiten gegen die Umweltschützer, Forderungen nach fairen Erzeugerpreisen und ausreichenden Subventionen: Bei der Bauernkundgebung auf der Ipfmesse reden die Landwirte Klartext. Auf Einladung des Kreisbauernverbands Ostalb hat in diesem Jahr Joachim Hauck, Ministerialdirigent im Ministerium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg, im Festzelt zum Senz gesprochen. Seine Botschaft, die er mit vielen Beispielen vermittelte: Nicht alles, was in der Agrarpolitik gut gemeint ist, besteht auch den Praxistest.
Er wünsche sich „eine ehrliche Diskussion anhand der Fakten, die wir in der Natur vorfinden“, so Hauck. Um die deutsche Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen, seien rund 13 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche außerhalb Deutschlands nötig. Sinnvoller sei eine eigene, verantwortungsvolle Nahrungsmittelproduktion. Es gehe darum, die Flächen effizienter zu nutzen. Das müsste nicht zu Lasten der Umwelt gehen, etwa bei der Düngung: „Jedes Kilo Stickstoff, das in die Pflanze geht und nicht in das Grundwasser, steigert die Effizienz“, betonte Hauck.
Tierwohl, Genusswert und Umwelt – diese drei wichtigen Zielsetzungen stünden häufig im Konflikt miteinander. Je mehr Platz dem einzelnen Tier eingeräumt werde, desto mehr Emissionen entstünden. Gut für die Biodiversität sei vor allem die intensive Nutzung: „Denn nichts ist artenärmer als die natürliche Sukzession.“
Zu extensive Landwirtschaft sei schädlich: Wenn etwa die giftige Herbstzeitlose geschützt werde und zugelassen werde, dass auf Grünland Kreuzkräuter dominierten, so werde das Heu unbrauchbar. Zu starke Rücksicht auf Beutegreifer-Vögel und Kormorane schädige Landwirtschaft und Fischerei in Deutschland massiv. Die Liste der vermeintlichen Segnungen, die alle auch eine Kehrseite haben, setzte Hauck fast endlos fort: Etwa der sogenannte Bruderhahn – männnliche Küken werden hier nicht geschreddert, sondern aufgezogen. Diese Hähne verbrauchten in der Aufzucht wesentlich mehr Energie und erzeugten mehr Emmissionen als Masthühner bei gleichzeitig geringerer Fleischausbeute.
Tierschutzprobleme verursache auch die Ebermast, wenn auf Ferkelkastration verzichtet werde: „Die Tiere kämpfen dann gegeneinander.“
Kucher: Nicht allen Menschen geht es so gut wie unseren Tieren
Hubert Kucher, Vorsitzender des Bauernverbands Ostalb, machte in seiner Ansprache auf die Lage der Bauern aufmerksam. Nach einem existenzbedrohenden Preiskampf, der viele Betriebe zur Aufgabe gezwungen habe, stünden die Zeichen bei den Erzeugerpreisen jetzt wieder positiver. „Aber wir müssen erst zwei Jahre Zahlungsunfähigkeit ausgleichen, bevor wir wirtschaftlich gut dastehen“, so Kucher. Mit seiner Kritik an neuen Tierschutzregelungen und der Aussage: „Nicht überall auf der Welt geht es den Menschen so gut wie den Tieren in Deutschland“, erntete Kucher viel Applaus im Festzelt.
CDU-Bundestagsabgeordneter Roderich Kiesewetter plädierte bei den Agrarsubventionen für eine Beibehaltung der sogenannten ersten Säule, also der Direktzahlungen. Die zweite Säule mit Fördergeldern für die Entwicklung des ländlichen Raums und Ökologisierung der der Landwirtschaft, helfe vor allem den Kommunen. „Es ist schön, wenn es eine Sitzbank oder eine Schaukel im Dorf gibt, aber vor allem muss den Bauern geholfen werden, dass sie ihre Arbeit tun können“, so Kiesewetter.
Landrat Klaus Pavel verwies auf die gemeinsame Imagekampagne von Kreisbauernverband und Ostalbkreis, welche mit dem Slogan „Wir ackern für Sie“wirbt. Für die Landwirte gelte es, Vertrauen zu gewinnen, sich zu öffnen und zu kommunizieren.
Bopfinges Bürgermeister Gunter Bühler sprang den Bauern zur Seite: „Es wird immer mehr geschrieben und weniger geschafft“, sagte Bühler und meinte damit Verordnungen, Regelungen und bürokratische Hürden: Die Landwirte wollen einfach in Ruhe ihre Arbeit tun: „Der beste Garant für gute Tierhaltung ist, wenn sich Bauern und ihre Familien darum kümmern, die eine Verbindung zu ihren Tieren haben.“