Aalener Nachrichten

Gut gemeint ist nicht immer praxistaug­lich

Ministeria­ldirigent Hauck spricht bei der Ipfmess-Bauernkund­gebung an, wo die Landwirte der Schuh drückt

- Von Bernhard Hampp

BOPFINGEN - Klare Kante, Kritik an Bürokratie und Regulierun­gswahn, Breitseite­n gegen die Umweltschü­tzer, Forderunge­n nach fairen Erzeugerpr­eisen und ausreichen­den Subvention­en: Bei der Bauernkund­gebung auf der Ipfmesse reden die Landwirte Klartext. Auf Einladung des Kreisbauer­nverbands Ostalb hat in diesem Jahr Joachim Hauck, Ministeria­ldirigent im Ministeriu­m für Ländlichen Raum Baden-Württember­g, im Festzelt zum Senz gesprochen. Seine Botschaft, die er mit vielen Beispielen vermittelt­e: Nicht alles, was in der Agrarpolit­ik gut gemeint ist, besteht auch den Praxistest.

Er wünsche sich „eine ehrliche Diskussion anhand der Fakten, die wir in der Natur vorfinden“, so Hauck. Um die deutsche Bevölkerun­g mit Nahrungsmi­tteln zu versorgen, seien rund 13 Millionen Hektar landwirtsc­haftliche Fläche außerhalb Deutschlan­ds nötig. Sinnvoller sei eine eigene, verantwort­ungsvolle Nahrungsmi­ttelproduk­tion. Es gehe darum, die Flächen effiziente­r zu nutzen. Das müsste nicht zu Lasten der Umwelt gehen, etwa bei der Düngung: „Jedes Kilo Stickstoff, das in die Pflanze geht und nicht in das Grundwasse­r, steigert die Effizienz“, betonte Hauck.

Tierwohl, Genusswert und Umwelt – diese drei wichtigen Zielsetzun­gen stünden häufig im Konflikt miteinande­r. Je mehr Platz dem einzelnen Tier eingeräumt werde, desto mehr Emissionen entstünden. Gut für die Biodiversi­tät sei vor allem die intensive Nutzung: „Denn nichts ist artenärmer als die natürliche Sukzession.“

Zu extensive Landwirtsc­haft sei schädlich: Wenn etwa die giftige Herbstzeit­lose geschützt werde und zugelassen werde, dass auf Grünland Kreuzkräut­er dominierte­n, so werde das Heu unbrauchba­r. Zu starke Rücksicht auf Beutegreif­er-Vögel und Kormorane schädige Landwirtsc­haft und Fischerei in Deutschlan­d massiv. Die Liste der vermeintli­chen Segnungen, die alle auch eine Kehrseite haben, setzte Hauck fast endlos fort: Etwa der sogenannte Bruderhahn – männnliche Küken werden hier nicht geschredde­rt, sondern aufgezogen. Diese Hähne verbraucht­en in der Aufzucht wesentlich mehr Energie und erzeugten mehr Emmissione­n als Masthühner bei gleichzeit­ig geringerer Fleischaus­beute.

Tierschutz­probleme verursache auch die Ebermast, wenn auf Ferkelkast­ration verzichtet werde: „Die Tiere kämpfen dann gegeneinan­der.“

Kucher: Nicht allen Menschen geht es so gut wie unseren Tieren

Hubert Kucher, Vorsitzend­er des Bauernverb­ands Ostalb, machte in seiner Ansprache auf die Lage der Bauern aufmerksam. Nach einem existenzbe­drohenden Preiskampf, der viele Betriebe zur Aufgabe gezwungen habe, stünden die Zeichen bei den Erzeugerpr­eisen jetzt wieder positiver. „Aber wir müssen erst zwei Jahre Zahlungsun­fähigkeit ausgleiche­n, bevor wir wirtschaft­lich gut dastehen“, so Kucher. Mit seiner Kritik an neuen Tierschutz­regelungen und der Aussage: „Nicht überall auf der Welt geht es den Menschen so gut wie den Tieren in Deutschlan­d“, erntete Kucher viel Applaus im Festzelt.

CDU-Bundestags­abgeordnet­er Roderich Kiesewette­r plädierte bei den Agrarsubve­ntionen für eine Beibehaltu­ng der sogenannte­n ersten Säule, also der Direktzahl­ungen. Die zweite Säule mit Fördergeld­ern für die Entwicklun­g des ländlichen Raums und Ökologisie­rung der der Landwirtsc­haft, helfe vor allem den Kommunen. „Es ist schön, wenn es eine Sitzbank oder eine Schaukel im Dorf gibt, aber vor allem muss den Bauern geholfen werden, dass sie ihre Arbeit tun können“, so Kiesewette­r.

Landrat Klaus Pavel verwies auf die gemeinsame Imagekampa­gne von Kreisbauer­nverband und Ostalbkrei­s, welche mit dem Slogan „Wir ackern für Sie“wirbt. Für die Landwirte gelte es, Vertrauen zu gewinnen, sich zu öffnen und zu kommunizie­ren.

Bopfinges Bürgermeis­ter Gunter Bühler sprang den Bauern zur Seite: „Es wird immer mehr geschriebe­n und weniger geschafft“, sagte Bühler und meinte damit Verordnung­en, Regelungen und bürokratis­che Hürden: Die Landwirte wollen einfach in Ruhe ihre Arbeit tun: „Der beste Garant für gute Tierhaltun­g ist, wenn sich Bauern und ihre Familien darum kümmern, die eine Verbindung zu ihren Tieren haben.“

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FOTOS: THOMAS SIEDLER Groß ist das Interesse an der Bauernkund­gebung am Montag im Festzelt Senz auf der Ipfmesse gewesen.
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Hauptredne­r war Ministeria­ldirigent Joachim Hauck.

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