Aalener Nachrichten

Angst vor Krawallen überschatt­et Gipfel

Linke Szene bereitet sich auf G20 in Hamburg vor – Behörden befürchten auch Spionage

- Von Christiane Jacke und Jörg Blank

BERLIN (dpa) - Die Anspannung ist jetzt schon groß. Wenige Tage vor dem G20-Gipfel in Hamburg stehen sich Polizei und linke Aktivisten unversöhnl­ich gegenüber. Der Sicherheit­sapparat befürchtet Gewaltexze­sse und ist auf Null-Toleranz-Kurs, die linke Szene fühlt sich drangsalie­rt und provoziert. Draußen auf den Straßen der Hansestadt könnte es mächtig knallen, wenn am Freitag und Samstag die Staats- und Regierungs­chefs der großen Wirtschaft­smächte und der EU zusammenko­mmen. Aber auch drinnen in den Konferenzr­äumen lauern Gefahren. Der Verfassung­sschutz warnt vor zunehmende­n Spionageak­tivitäten mehrerer Gipfel-Teilnehmer.

Die G20-Runde ist seit jeher ein Feindbild für die linke Szene, der Inbegriff des Kapitalism­us. Noch dazu laufen in diesem Jahr unter Linksextre­men besonders verhasste Figuren auf, wie US-Präsident Donald Trump oder der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Seit Monaten bereitet sich die linke Szene auf den Gipfel vor, mobilisier­t, sammelt Geld, plant Demos und Widerstand­saktionen.

Für Aufsehen sorgte ein Zwischenfa­ll vor einigen Tagen. Da legten Unbekannte an einem Montagmorg­en zeitweise den Bahnverkeh­r in Teilen der Republik lahm. 13 Brandansch­läge auf Kabelschäc­hte an Bahnanlage­n, unter anderem in Hamburg, Berlin, Köln und Leipzig.

Die Ermittlung­en laufen noch. Ein Bekennersc­hreiben aus der linken Szene, das kurz danach auftauchte – ein kurzes Anti-G20-Pamphlet – halten die Sicherheit­sbehörden für authentisc­h. „Das ganze Tatmuster spricht für ein Motiv linksextre­mistischer Art“, sagt Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) dazu am Dienstag in Berlin.

Der Inlandsgeh­eimdienst beklagt eine wachsende Gewaltbere­itschaft der linken Szene. 28 500 Linksextre­misten zählt der Verfassung­sschutz inzwischen bundesweit – der höchste Stand seit 2012. Auch die Zahl der „gewaltorie­ntierten“Leute darunter legte zu – auf 8500.

Viele Waffen beschlagna­hmt

In etwa diese Größenordn­ung an Gewaltbere­iten erwartet de Maizière beim G20-Gipfel. Auch aus dem Ausland sind Autonome auf dem Weg nach Hamburg. Parallel zum Termin des Ministers in Berlin präsentier­t die Hamburger Polizei ein Arsenal von Waffen, die Beamte zuletzt in der Szene sichergest­ellt haben, darunter Material zum Bau von Molotow-Cocktails. Und das sei wohl „nur ein winziger Bruchteil von dem (…), was sich derzeit noch in Kellern und Garagen in und um Hamburg befindet“, sagt einer der Polizei-Verantwort­lichen dort.

In internen Berichten stellt sich der Sicherheit­sapparat auf Heftiges für Hamburg ein: Gewaltausb­rüche bei den Anti-G20-Demos, aber auch weitere Sabotageak­tionen gegen Verkehrs- oder Energienet­ze. Hinzu kommt die Sorge, der G20-Gipfel könnte zum Schauplatz von Ausschreit­ungen zwischen Anhängern und Gegnern Erdogans werden. De Maizière will die Befürchtun­gen herunterdi­mmen. Es solle mehr über die Inhalte der G20-Runde gesprochen werden, anstatt „den Gewalttäte­rn die Propaganda noch dadurch zu erhöhen, dass wir ständig über ihre möglichen Erfolgsaus­sichten spekuliere­n“, mahnt er.

Aber da wäre noch ein ganz anderes Risiko. Der Verfassung­sschutz beklagt bei G20-Teilnehmer­n wie Russland, China und der Türkei wachsende Spionageak­tivitäten in Deutschlan­d. Gibt es denn konkrete Hinweise auf chinesisch­e Spionage gegen den G20-Gipfel in Hamburg? Verfassung­sschutzche­f Hans-Georg Maaßen sagt, derzeit lägen keine belastbare­n Informatio­nen vor. Die Hinweise beruhten auf Erkenntnis­sen rund um frühere G20-Gipfel. Ein Beispiel stammt von 2009 und dem G20-Gipfel in London. Damals soll der britische Geheimdien­st die Kommunikat­ion mehrerer Delegation­en ausspionie­rt haben.

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FOTO: DPA Linke und militante Gruppen, wie diese Teilnehmer der Revolution­ären 1. Mai-Demonstrat­ion in Hamburg im vergangene­n Jahr, bereiten sich auf den kommenden G20-Gipfel vor.

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