Aus für den Weltmeister
Peter Sagan muss trotz Fürsprecher heimreisen, Favorit Froome übernimmt die Spitze
VITTEL (dpa/SID) - Der Fall Peter Sagan beschäftigte kurzfristig sogar den Internationalen Sportgerichtshof CAS, Anwälte waren involviert, bis kurz vor dem Start wurde verhandelt – doch die Jury kannte kein Pardon. Für den Rad-Weltmeister gab es kein Zurück ins Peloton der 104. Tour de France. Nicht nach Planche des Belles Filles, dem Zielort der fünften Etappe, sondern in die Wahlheimat Monaco ging für den Slowaken die Reise.
Mit offenem Haar und in Freizeitkleidung verließ Sagan frustriert das mondäne Teamquartier Club Med Ermitage in Vittel. „Ich bin gegen die Entscheidung der Jury, aber ich akzeptiere sie“, sagte der Weltmeister: „Es tut mir leid, dass Mark Cavendish zu Fall gekommen ist und sich verletzt hat. Ich hoffe, dass er schnell gesund wird. Ich habe aber nichts falsch gemacht. Das war ein Sprint, wie es ihn früher gab und auch weiter geben wird.“
Bis zuletzt kämpfte sein Team Bora-hansgrohe um die Starterlaubnis. Der CAS wurde noch angerufen – ohne Erfolg. „Wir hatten die Hoffnung, dass die Entscheidung noch einmal überdacht wird und Peter unter Vorbehalt starten darf. Eine Anhörung hat aber nicht mehr stattgefunden“, sagte Teamsprecher Ralph Scherzer. Die Jury habe lediglich den Einspruch zur Kenntnis genommen.
Mit dem Abschied Sagans verlor die Tour ihre Hauptattraktion. Weiter gingen hitzige Diskussionen, ob die Disqualifikation des schillernden Radprofis und Showstars nach seinem Ellbogencheck gegen den Briten Mark Cavendish im Sprintfinale der vierten Etappe am Dienstag richtig war.
„Eine krasse Fehlentscheidung“sei sie gewesen, sagte Teamchef Ralph Denk. „Für einen Ausschluss muss ein grober Vorsatz vorliegen, der war nicht da“, monierte Denk und kritisierte die Vorgehensweise der Offiziellen: „Es hat kein Hearing stattgefunden. Ich kenne das aus der Formel 1. Da kracht es auch öfter. Da werden die Fahrer an den Tisch geholt. Hier wurde lediglich der Sportlichen Leitung die Entscheidung mitgeteilt.“
Die meisten Begleiter im Tourtross empfanden das Urteil ebenfalls überzogen. „Manchmal sollte ich mir die Bilder ansehen, bevor ich rede. Entschuldigung an Peter Sagan – die Strafe ist zu hart“, sagte der deutsche Sprintstar André Greipel, der Sagan zunächst hart angegangen war („Du hast mich zweimal beinahe getötet“).
Auch Cavendish muss mit einem Bruch des rechten Schulterblatts nach Hause. Er nannte die Jury-Entscheidung mutig. Mit der Entschuldigung seines Rivalen und Freundes noch im Teambus am Dienstagabend sei die Sache für ihn erledigt: „Es zeigt, was für ein Mensch er ist, und das zählt für mich mehr als alles andere.“
Sagan, wie Cavendish in harten Sprints kein Kind von Traurigkeit, war sich keiner Schuld bewusst. „Démare kam auf der rechten Seite an mir vorbei, und ich wollte an sein Hinterrad. Mark kam von hinten, aber ich habe ihn nicht gesehen. Dann hat er zuerst mich berührt und dann die Absperrung. Ich musste irgendwie mein Gleichgewicht halten“, sagte der Slowake. Cavendish hatte schließlich auch John Degenkolb mitgerissen.
Seit sieben Jahren hatte es bei der Tour keine Disqualifikation mehr wegen eines unsportlichen Verhaltens gegeben – abgesehen von Doping-Ausschlüssen. In Sagans Fall gingen die Meinungen weit auseinander. „Das war kein Unfall. Das war ein vorsätzlicher Ellbogencheck. Sagan boxt, kickt Cavendish in die Bande. Dafür gehört er nach Hause geschickt“, hatte Teamchef Rolf Aldag gefordert.
Beim Bora-hansgrohe-Team sah es anders. Es sei ein klarer Rennunfall gewesen, sagte Denk. „Cavendish ist in eine Lücke gefahren, wo keine war. Peter musste auf dem Rad balancieren, dafür brauchte er seinen Ellbogen. Das war nicht gegen Cavendish gerichtet.“Vom Team werde es auch keine Strafe gegen Sagan geben. „Er hat nichts falsch gemacht, wir werden ihn weiter unterstützen“, meinte Denk.
Buchmann nun Vierzehnter
Die meisten Fahrer und Ex-Profis empfanden die Strafe als zu hart. „Die Strafe ist zu hart. Cavendish ist in eine Lücke gestoßen, wo eigentlich kein Platz mehr war“, sagte der Berliner Simon Geschke, Etappensieger von 2015. Cavendish bekräftigte dagegen, die Lücke sei groß genug für ihn gewesen. Der dreimalige Toursieger Greg LeMond empfand das Finale als „vielleicht ein bisschen unfair, aber im Sprint nichts Außergewöhnliches“.
Für das deutsche Bora-hansgroheTeam ist der Ausschluss ein harter Schlag. Teamchef Denk aber kündigte eine Trotzreaktion an. „Wir werden auf den Ausschluss sportlich reagieren. Wir haben mit Rafal Majka und Emanuel Buchmann zwei aussichtsreiche Kandidaten im Gesamtklassement.“Der Ravensburger Buchmann war am Mittwoch bei der ersten Bergankunft der Tour in den Vogesen als 22. mit 1:17 Minuten Rückstand bester Deutscher. In der Gesamtwertung ist er 1:29 Minuten zurück Vierzehnter.
Favorit Christopher Froome stürmte ins Gelbe Trikot, Dominanz zeigte der britische Titelverteidiger aber noch nicht. Der Sky-Kapitän wurde beim Sieg des Italieners Fabio Aru, der 2,5 Kilometer vor dem Ziel angegriffen hatte, mit 20 Sekunden Rückstand Dritter und löste seinen walisischen Teamkollegen Geraint Thomas, der zwei Kilometer vor dem Ziel abbrechen lassen musste, als Führenden ab. Tour de France, 5. Etappe, Vittel – La Planche des Belles Filles (160,50 km): 1. Aru (Italien) Astana 3:44:06, 2. Martin (Irland) Quick-Step + 16 Sek.; 3. Froome (England) Sky; 4. Porte (Australien) BMC Racing beide +20; 5. Bardet (Frankreich) AG2R La Mondiale 24; 6. Yates (England) Orica-Scott 26; 7. Urán (Kolumbien) Cannondale; 8. Contador (Spanien) Segafredo; 9. Quintana (Kolumbien) Movistar alle 34; 10. Thomas (England) Sky 40; 22. Buchmann (Ravensburg) Bora-hansgrohe 1:17, 76. Geschke (Freiburg) Sunweb 8:11; 87. Knees (Rheinbach) Sky 9:59; 90. Martens (Lanaken) Lotto; 96. Burghardt (Samerberg) Bora 10:14; 100. Martin (Kreuzlingen) Katusha 10:38; 101. Sütterlin (Freiburg) Movistar 10:47; Gesamtwertung: 1. Froome, 2. Thomas + 12, 3. Aru 14; 4. Martin 25; 5. Porte 39; 6. Yates 43; 7. Bardet 47; 8. Contador 52; 9. Quintana 54; 10. Majka (Polen) Bora 1:01, 14. Buchmann 1:29; 61. Geschke 8:47; 75. Arndt (Bonn) Sunweb 11:16; 78. Martens 11:46; 97. Knees 13:49; 111. Burghardt 14:53; 115. Zabel (Unna) Katusha 15:29. Wimbledon (31,6 Mio. Pfund) Männer, 2. Runde: Murray (Schottland/1) – Brown (Winsen) 6:3, 6:2, 6:2, Cilic (Kroatien/7) – Mayer (Bayreuth) 7:6 (2), 6:4, 7:5; Bautista Agut (Spanien/18) – Gojowczyk (München) 6:2, 6:1, 3:6, 6:3; Nishikori (Japan/9) – Stachowski (Ukraine) 6:4, 6:7 (7), 6:1, 7:6 (6); Tsonga (Frankreich/12) – Bolelli (Italien) 6:1, 7:5, 6:2; Janowicz (Polen) – Pouille (Frankreich/14) 7:6 (4), 7:6 (5), 3:6, 6:1, Muller (Luxemburg/16) – Rosol (Tschechien) 7:5, 6:7 (7), 4:6, 6:3, 9:7; Querrey (USA/24) – Bassilaschwili (Georgien) 6:4, 4:6, 6:3, 6:3; Johnson (USA/26) – Albot (Moldau) 6:3, 6:3, 4:6, 6:3; Fognini (Italien/28) – Vesely (Tschechien) 7:6 (7:3), 6:4, 6:2, Chatschanow (Russland/30) – Monteiro (Brasilien) 3:6, 7:6 (5), 7:6 (3), 7:5, Bedene (England) – Dzumhur (Bosnien) 6:3, 3:6, 6:3, 6:3; Bemelmans (Belgien) – Medwedew (Russland) 6:4, 6:2, 3:6, 2:6, 6:3. Frauen, 2. Runde: Witthöft (Hamburg) – Sabalenka (Weißrussland) 7:6 (5), 3:6, 6:3, Witthöft in Runde drei gegen Switolina (Ukraine/4), Switolina – Schiavone (Italien) 6:3, 6:0, Konta (England/6) – Vekic (Kroatien) 7:6 (4), 4:6, 10:8; Cibulkova (Slowakei/8) – Brady (USA) 6:4, 6:4, V. Williams (USA/10) – Qiang (China) 4:6, 6:4, 6:1, Brengle (USA) – Kvitova (Tschechien/11) 6:3, 1:6, 6:2; Asarenka (Weißrussland) – Wesnina (Russland/15) 6:3, 6:3; Watson (England) – Sevastova (Lettland/18) 6:0, 6:4, Garcia (Frankreich/21) – Bogdan (Rumänien) 6:4, 6:3, Osaka (Japan) – Strycova (Tschechien/22) 6:1, 0:6, 6:4; Konjuh (Kroatien/27) – Begu (Rumänien) 7:6 (3), 2:6, 6:3; Sakkari (Griechenland) – Kr. Pliskova (Tschechien) 6:7 (6), 6:4, 6:4.