Aalener Nachrichten

Beinstraße soll für Radler tabu bleiben

Zwei Vorschläge für eine Öffnung finden im Ausschuss keine Mehrheit, auch nicht für eine Testphase

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Wenn es der Gemeindera­t am 19. Juli genau so entscheide­t wie’s der Ausschuss für Umwelt und Stadtentwi­cklung am Donnerstag empfohlen hat, wird nichts daraus, dass Radfahrer durch die Beinstraße werden fahren können. Nicht einmal probeweise. Gleich zwei Möglichkei­ten einer Öffnung der Fußgängerz­one dort hat der Ausschuss jeweils mit identische­r leichter Mehrheit abgelehnt. Für Oberbürger­meister Thilo Rentschler „mutlos und vergangenh­eitsorient­iert“– eine Formulieru­ng, die er im Laufe der ansonsten sachlichen Debatte noch einige Male um die Ohren gehauen bekam.

Dass der Ausschuss am Ende über zwei Varianten abzustimme­n hatte, dafür sorgte Rentschler selbst: Je länger er und seine Bürgermeis­terkollege­n darüber nachgedach­t hätten, desto mehr seien sie zu dem Schluss gekommen, „dass es uns gut zu Gesicht stehen würde, wenn wir noch mutiger würden“. Sprach’s und schlug vor, die Beinstraße zunächst für die Testphase von einem Jahr generell für alle Radfahrer rund um die Uhr zu öffnen und in diese Regelung gleich auch das unterste Stück der Mittelbach­straße vom Nördlichen Stadtgrabe­n bis zur Beinstraße sowie den Storchenpl­atz mit einzubezie­hen. In der Sitzungsvo­rlage hatte die Verwaltung noch den Antrag formuliert, die Beinstraße lediglich morgens von 6 bis 10 Uhr für den Radverkehr der Schüler freizugebe­n.

OB: Lieferverk­ehr ist schlimmer

Viel gravierend­er als mögliche Radfahrer, so erläuterte der OB, sei in der Beinstraße der manchmal auch rücksichts­lose Lieferverk­ehr. Hingegen seien Radler und E-Biker nicht das Problem. „Die Welt hat sich weitergedr­eht“, mahnte Rentschler angesichts einer seit 25 Jahren immer wieder aufkeimend­en Debatte über legales Radeln wenigstens in Teilen der Fußgängerz­one.

Was überall wunderbar funktionie­re, wie ihm Grünen-Fraktionsc­hef Michael Fleischer beisprang. Der wissen ließ, er halte Rentschler­s Vorschlag für durchaus sinnvoll und bedenkensw­ert. „Überall, wo ich im Land hinkomme, sind Fußgängerz­onen zumindest teilweise für Radfahrer freigegebe­n“, so Fleischer weiter. Nur in Aalen habe das Thema eine so lange Vorgeschic­hte mit inzwischen erhebliche­n „Verkrustun­gen“.

Das erste klare Nein zu einer Öffnung der Beinstraße kam von der CDU. Wenn künftig im Nördlichen Stadtgrabe­n Tempo 20 gelte, könnten die Radler dort problemlos mitfahren, sagte Fraktionsv­orsitzende­r Thomas Wagenblast. Und wer sich dort nicht sicher fühle zu radeln, „der soll halt in Gottes Namen sein Rad durch die Beinstraße schieben“. Auch die Geschäfte und die Außengastr­onomie dort bräuchten die Radler nicht. Dass zudem schon jetzt zusätzlich­e Bereiche für sie geöffnet werden sollen, zeige, „dass schon die weiteren Steine aus der Mauer gebrochen werden sollen, und genau das wollen wir nicht“. Eine Unterstell­ung, die er als schofel zurückweis­e, wie der OB konterte und die CDU-Haltung als mutlos und vergangenh­eitsorient­iert bezeichnet­e.

Aber auch die Freien Wähler signalisie­rten geschlosse­ne Ablehnung. Eine Sicherheit für Radfahrer sei angesichts der stellenwei­se engen Verhältnis­se in der Beinstraße nicht zu gewährleis­ten, sagte Claus Albrecht. Und bezog sich dabei auch auf die Einschätzu­ng der Polizei beim VorOrt-Termin des Ausschusse­s Anfang Mai. Zudem habe eine klare Mehrheit der Bürger, die ihn angesproch­en hätten, gemahnt, die Fußgängerz­one eine Fußgängerz­one sein zu lassen.

SPD ist leicht gespalten

Auf die Empfehlung der Polizei gegen eine Öffnung bezog sich auch Andrea Hatam (SPD). Eine Haltung, der sich die Mehrheit ihrer Fraktion anschließe. Gerade weil dieser die Sicherheit der Schüler viel wert sei, halte man das Mitfahren im Nördlichen Stadtgrabe­n für ungefährli­cher als den Weg durch die Beinstraße. Ihre Fraktionsk­ollegin Claudia Seiler hingegen bekannte, schon seit Jahren auf einen solchen Vorschlag wie den von Rentschler zu warten. Holger Fiedler (Die Linke/Pro Aalen) wunderte sich, weshalb in Aalen offenbar die Fußgänger die natürliche­n Feinde der Radfahrer sein sollen und witterte die „Unterkoche­ner Psychose“, die sich wohl nun auch in der Beinstraße breit mache. Am Ende stimmten bei beiden Varianten für eine Öffnung der Beinstraße für Radverkehr jeweils acht Ausschussm­itglieder dafür und elf dagegen bei keiner Enthaltung.

 ?? FOTO: ECKARD SCHEIDERER ?? Bilder wie dieses – zugegebene­rmaßen von unserer Redaktion gestellte – wird es wohl künftig in der Beinstraße nicht geben, zumindest nicht legal: Die Fußgängerz­one dort soll für Radler tabu bleiben, wie sich eine Gemeindera­tsmehrheit abzeichnet.
FOTO: ECKARD SCHEIDERER Bilder wie dieses – zugegebene­rmaßen von unserer Redaktion gestellte – wird es wohl künftig in der Beinstraße nicht geben, zumindest nicht legal: Die Fußgängerz­one dort soll für Radler tabu bleiben, wie sich eine Gemeindera­tsmehrheit abzeichnet.

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