„Man kommt auf engstem Raum ganz schön rum“
Langzeitarbeitslose haben vor dem Haus der Katholischen Kirche ein begehbares Kunstwerk erschaffen
AALEN - Um das Geheimnis gleich zu verraten: Ganz innen steht ein Thron, gegenüber hängt der Spruch: „Wenn ich König von Deutschland wär’.“So mancher mag sich schon gewundert haben, was es mit dem Holzverschlag vor dem Haus der Katholischen Kirche in der Weidenfelder Straße auf sich hat. Gemeinsam mit Langzeitarbeitslosen der JobBörse und dem Steinheimer Künstler Albrecht P. Briz hat die Katholische Betriebsseelsorge direkt an der Straße zwischen Mercatura und Stadtgarten ein begehbares Kunstwerk, den „Wirrgarten“, geschaffen.
Wobei Kunstwerk vielleicht gar nicht der richtige Ausdruck ist. Es geht um Neugier, Wertschätzung, ums Innehalten, es geht darum, gebraucht zu werden. So sehen es jedenfalls die Initiatoren Rolf Siedler und Martin Jahn. Projektleiter Jahn fügt an: „Wir wollen den Langzeitarbeitslosen, die hin und wieder bei uns tätig sind, das Gefühl geben, dass sie zu etwas fähig sind, dass sie was leisten können. Sie sollen nicht als ,Empfänger’ stigmatisiert werden.“
Abenteuerland Ideengeber war das Labyrinth der Kathedrale von Chartres
Die Gruppe von zwölf bis 15 Männern im Alter zwischen Mitte 40 und Mitte 60 hat sich also daran gemacht, aus unbehandelten Brettern ein Labyrinth zu bauen. „Labyrinthe sind“, sagt Wikipedia, „keine Irrgärten. Sie haben einen einzigen, verschlungenen Weg, der auf möglichst langer Strecke vom Startpunkt zum Ziel führt.“Denn: Ideengeber war etwas ganz Großes – das Labyrinth der Kathedrale von Chartres. „Tatsächlich kommt man bei uns auf engstem Raum ganz schön rum“, sagt Rolf Siedler lachend.
Nach den erfolgreichen Projekten mit den Hochbeeten und dem Modular in den Vorjahren machten sich Siedler und Jahn Gedanken, was in diesem Jahr angegangen werden soll. Sie nahmen den in Aalen gut bekannten Steinheimer Künstler Albrecht Briz hinzu.
Schnell kam man aufs Labyrinth. Warum? „Dazu kann und soll sich jeder selbst seine Gedanken machen“, erklärt Jahn. Dabei helfen sicher die Bildcollagen, Fotos, Symbole und Figuren, die die Wände im Innern zieren. Eine Bilderreihe widmet sich einem Bibelspruch, ein anderes Bild zeigt einen aufgeschnittenen Rotkohl – ebenfalls ein Labyrinth. „Alles kann in wenigen Wochen schon wieder ganz anders aussehen“, verspricht Martin Jahn, „es kommt immer wieder was dazu.“
Und was erwarten sich die Macher von ihrem Publikum? „Einen Aha-Effekt“, sagt Jahn, „Freude“, sagt Siedler. Das Haus der Katholischen Kirche stecke zwischen Einkaufen und Schule, so Siedler, „und dazwischen sind wir“. Und Freude scheint es zu machen, nicht verspricht Projektleiter Martin Jahn. nur den beiden Initiatoren. Kurt Engel zum Beispiel ist einer derjenigen, die mit Säge, Hammer und Nägeln kreativ wurden: „Uns macht das richtig Spaß“, gesteht er. Denn das klare Projektziel sei gewesen, so fügt Rolf Siedler an, „dass die Leute wieder als Akteure in Erscheinung treten, dass sie zeigen, dass Qualität in ihnen steckt. Insofern ist es ein außergewöhnliches Projekt.“
Siedlers bisherige Erfahrungen sind durchaus positiv: „Wir sind ein Punkt im Quartier zwischen Mercatura und Stadtgarten. Und wir werden gut angenommen.“Die Angst etwa vor Vandalen ist nach Ansicht der Erbauer unbegründet. „Hier passieren die tollsten Dinge“, freut sich Siedler, „aber kaputtgegangen ist noch nichts. Auch das ist eine Art von Wertschätzung.“
Schlussendlich profitiert auch das Haus der Katholischen Kirche vom Projekt, es werde, zitiert Siedler Bert Brecht, „bis zur Kenntlichkeit entstellt“. Siedler weiter: „Es gibt dem Haus ein menschliches, kreatives Gesicht“, freut sich Siedler, „auch die Kolleginnen und Kollegen im Haus sind schon gespannt.“Wie lange der „Wirrgarten“stehen bleibt? „Keine Ahnung“, sagt Projektleiter Martin Jahn. Dem Mudolar im vergangenen Jahr war auch nur eine begrenzte Zeit gegeben, „und dann stand es sogar den Winter durch“.
„Es kommt immer wieder was dazu. Das Labyrinth kann in wenigen Wochen schon wieder ganz anders aussehen“,