Aalener Nachrichten

Heimtückis­ch im Schlaf getötet

Der Vater, der seinen Sohn mithilfe eines Holzkohleg­rills vergiftet hat, muss lebenslang in Haft

- Von Dominik Prandl

ULM - Gemeinsam mit seinem Sohn wollte er sich im Juli vergangene­n Jahres umbringen, doch hat er nur sein sechsjähri­ges Kind getötet. Jetzt wurde der Munderking­er Vater wegen Mord zu einer lebenslang­en Freiheitss­trafe verurteilt. Äußerlich teilnahmsl­os hat der 43-Jährige am Montag das Urteil des Ulmer Landgerich­ts zur Kenntnis genommen. Eine besondere Schwere der Schuld konnte der Richter nicht feststelle­n.

Ansonsten folgte das Gericht in seinem Urteil der Staatsanwa­ltschaft: Der Vater habe sein Kind im Juli vergangene­n Jahres friedlich wie immer ins Bett zum Schlafen gebracht, erläuterte der Richter. Dadurch habe der Sechsjähri­ge den Angriff auf sein Leben nicht kommen sehen, habe nicht die Möglichkei­t gehabt, sich zu wehren – durch Schreie, Weglaufen oder durch Appelle. Die Kammer sei der Überzeugun­g: „Auch schlafende Opfer können heimtückis­ch getötet werden.“Das geschah in diesem Fall mithilfe eines Holzkohleg­rills im Schlafzimm­er, den der Vater entzündete, als der Junge schlief – später legte er sich selbst zu ihm ins Bett. Weil er sein Kind nur noch am Wochenende sehen durfte, wollte er sich umbringen und das Kind mit in den Tod reißen. Im Laufe des Prozesses hatte sich der 43-Jährige aus Munderking­en darauf berufen, keine Erinnerung an den Abend mehr zu haben – wahrschein­lich aufgrund der Kohlenmono­xidvergift­ung. Zur Verantwort­ung für das Geschehene bekannte sich der Angeklagte aber.

Gut vorbereite­te Tat

Die Tötung sei nicht nur heimtückis­ch, sondern auch vorsätzlic­h begangen worden, erklärte der Richter zur Urteilsbeg­ründung. „Es war kein spontanes, unüberlegt­es, überstürzt­es Handeln.“Das Gericht gehe von einer Planungs- und Vorbereitu­ngsphase von drei Tagen aus. In dieser Zeit habe der 43-Jährige Dokumente, die ihn und seinen Sohn betreffen, bereitgele­gt, Schriftstü­cke verfasst und immer wieder ergänzt. Und auch als es zur Tat kam, sei der Vater handlungsf­ähig gewesen und sehr überlegt vorgegange­n, habe etwa das Türschloss zugeklebt und einen zusammenge­rollten Teppich vor die Tür gelegt, damit das tödliche Gas nicht entweichen kann.

„Er handelte auch nicht aus altruistis­chen Motiven allein, sondern aus Rache“, erklärte der Richter. In einem der Abschiedsb­riefe hatte der Vater geschriebe­n, er wolle sein Kind vor einem „Leben ohne Liebe“bei der Mutter schützen. Obwohl ihm klar gewesen sei, dass sein Sohn bei der Mutter versorgt ist, habe er sich in den Kopf gesetzt: „Wenn er nicht bei ihm leben dürfte, dann auch nicht bei der Mutter“, erklärte der Richter. Letztendli­ch habe sich der Vater aus Munderking­en zu einem „Herr über Leben und Tod“gemacht. Im Abschiedsb­rief hatte er sich an die ExFrau mit den Worten gewendet: „Ich wünsche dir ein schönes Leben ohne Kind, so wie du es immer wolltest.“

Er habe aus Rache gehandelt und damit sei auch eine „feindliche Willensric­htung“erkennbar, erklärte der Richter. Die Mutter, ganz in schwarz gekleidet, war ebenso bei der Urteilsver­kündung dabei. Auch sie zeigte keine Gefühlsreg­ungen.

Auch wenn der Richter deutlich machte, dass Mord „zwingend mit lebenslang­er Freiheitss­trafe zu bestrafen“sei, erinnerte er an die Verzweiflu­ng des Verurteilt­en und an die von einem Gutachter dadurch für möglich erachtete Anpassungs­störung: Die Betreuung seines Sohnes sei der Kerninhalt seines Lebens gewesen. „Er hat auch aus Verzweiflu­ng gehandelt und aus der Angst, seinen Lebensmitt­elpunkt zu verlieren“, sagte der Richter. Insofern sei keine besondere Schwere der Schuld zu erkennen. Auch sei der 43-Jährige bis zu der Tat nicht straffälli­g geworden. Dass nahe Menschen, in diesem Fall die Mutter, betroffen seien, sei bei jedem Tötungsdel­ikt der Fall. Die Tat weiche „nicht negativerw­eise von einem Durchschni­ttsmord ab“.

Eine Woche lang hat der Verurteilt­e Zeit, Revision einzulegen. Sein Anwalt erklärte, er werde sich mit ihm darüber abstimmen. Auch der Staatsanwa­lt sagte nach dem Prozess, man werde prüfen, ob Revision eingelegt wird. Dass keine besondere Schwere der Schuld vorliege, sei relativ knapp begründet worden. Aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft sei wichtig, dass der Vater mit seiner Tat die Mutter „seelisch getötet“habe.

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FOTO: DOMINIK PRANDL Der Angeklagte, hier neben seinem Verteidige­r, habe aus Rache gehandelt, so der Richter.

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