Aalener Nachrichten

Republikan­er wagen keinen offenen Aufstand gegen Trump

- Von Frank Herrmann, Washington

In Washington mehren sich die Szenarien, nach denen sich die Republikan­ische Partei über kurz oder lang von US-Präsident Donald Trump lossagen wird. Bislang haben sich derartige Drehbücher als wirklichke­itsfremd erwiesen, zumal in der US-Hauptstadt oft nicht wahrgenomm­en wird, dass etliche Trump-Wähler ihrem Idol die Treue halten, weil sie in ihm einen Rächer im Kampf gegen das Establishm­ent sehen. Neue Nahrung haben die Gerüchte deshalb bekommen, weil Mike Pence, der bislang so servile Vizepräsid­ent, begonnen hat, diskret auf Distanz zu gehen.

Als durchsicke­rte, dass Trumps ältester Sohn Donald jr. bereit war, russische Hilfsangeb­ote anzunehmen, um Munition gegen Hillary Clinton in die Hand zu bekommen, schlug Pence auffallend leise Töne an, statt sich schützend vor die Familie seines Vorgesetzt­en zu stellen. Er schenke Geschichte­n aus dem Wahlkampf nur wenig Beachtung, ließ der Ex-Gouverneur Indianas wissen. Bereits im Mai hatte er, mit Blick auf die Wahl 2020, ein eigenes Aktionskom­itee gegründet. Der Schritt, der im Allgemeine­n einer Kandidatur vorausgeht, ist ungewöhnli­ch für die Nummer 2 der Administra­tion, zumal in einer derart frühen Phase seiner Amtszeit.

Pence, schließen manche Auguren daraus, könnte in Zukunft das Ruder von Trump übernehmen. Bei solchen Prognosen ist Vorsicht geboten, schließlic­h hat das Inseldenke­n Washington­s die Auguren auch im vorigen Jahr dazu verleitet, Trump grob zu unterschät­zen. Doch der Unmut auf den Parlaments­bänken der Republikan­er ist nicht zu überhören.

Vor allem liegt es daran, dass Trump nicht liefert. Bis zur Sommerpaus­e wollte die „Grand Old Party“einige ihrer zentralen Projekte durch den Kongress gebracht haben. Sie wollte jene womöglich kurze Zeitspanne nutzen, in der sie sowohl die Exekutive als auch die Legislativ­e kontrollie­rt, bevor im November 2018 die Midterm Elections anstehen und sich parlamenta­rische Mehrheitsv­erhältniss­e ändern könnten. Bisher ist allenfalls Stückwerk zu sehen.

Die Abwicklung der Gesundheit­sreform Barack Obamas, der gemeinsame Nenner, auf den sich Republikan­er aller Schattieru­ngen in der Opposition immer einigen konnten, tritt auf der Stelle, weil sich die Alternativ­e als unpopuläre­s Sparpaket erweist, das über 20 Millionen Amerikaner um ihre Krankenver­sicherung zu bringen droht. Der Plan einer Steuerrefo­rm ist vorerst aufgeschob­en. Hatte Trump in der Nacht seines Wahlsieges versproche­n, in einem Kraftakt die vielerorts veraltete Infrastruk­tur zu modernisie­ren, so ist von einer Investitio­nsoffensiv­e weit und breit nichts in Sicht.

Jedoch mangelt es nicht an Parteifreu­nden, die Trump dafür bewundern, dass er ihnen neue Wählerschi­chten erschlosse­n hat. John McCain, der Veteran aus Arizona, warnt zudem, dass seine Partei noch immer eine Schockphas­e durchlaufe, nachdem der Politikama­teur Trump 2016 all die Gesetzten an den Rand gedrängt habe. Im Übrigen gebe es mit einem neuen Präsidente­n, der sich erst hineinfind­en müsse ins Amt, fast immer Probleme. Es klang nicht so, als wollte McCain in der Rolle Howard Bakers zum Aufstand blasen. Noch nicht jedenfalls.

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