Aalener Nachrichten

Absurde Nachteile für Ökohöfe

EU-Verordnung hat Fallstrick­e im Kleingedru­ckten – Agrarminis­ter Schmidt will nachbesser­n

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BRÜSSEL (dpa) - Die mühsam ausgehande­lte EU-Verordnung für Bioprodukt­e liegt vorerst auf Eis. Bundesagra­rminister Christian Schmidt (CSU) befürchtet Nachteile für die deutsche Ökobranche und erwirkte deshalb Nachverhan­dlungen. Eine für Montag vorgesehen­e Abstimmung der EU-Länder wurde nach seinen Worten auf Herbst verschoben.

Die EU-Verordnung soll ab 2020 einheitlic­here Standards für Anbau und Importe von Bioprodukt­en vorgeben. Ende Juni hatten Unterhändl­er des EU-Parlaments mit Vertretern der Mitgliedsl­änder einen Kompromiss ausgehande­lt. Doch der reicht Schmidt nicht. „Wir sind bei 95 Prozent, aber noch nicht bei 100 Prozent“, sagte der CSU-Politiker. Über den Sommer sollten Details nachgearbe­itet werden.

Auf Kritik stoßen in Deutschlan­d Vorgaben für Ökolandwir­te bei Verunreini­gungen ihrer Produkte durch Pflanzensc­hutzmittel. Die Chemikalie­n dürfen Biobauern selbst nicht einsetzen. Spuren der Mittel könnten aber von konvention­ellen Feldern über die Luft in Ökoprodukt­en landen. Umstritten sind Nachweispf­lichten und Kontrollen.

Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) hatte schon am Freitag moniert, es sei absurd, die Ökobranche, „die selbst keine Pestizide verwendet und umweltfreu­ndlich wirtschaft­et, dafür haftbar zu machen“. Die positive Entwicklun­g bei der Umstellung auf Ökolandbau würde wegen der Risiken für die Landwirte ausgebrems­t, meinte Hendricks und forderte den Agrarminis­ter auf, das zu verhindern. Schmidt verbat sich Ratschläge seiner Kabinettsk­ollegin, argumentie­rte inhaltlich aber ähnlich. Er wolle angesichts ehrgeizige­r Ziele für den Ausbau der Ökobranche keine neuen bürokratis­chen Hemmnisse, sagte er.

Es ist ungewöhnli­ch, dass einmal erzielte Kompromiss­e zwischen EULändern und Parlament noch einmal nachgebess­ert werden. Schmidt sprach von Feinschlif­f. Grundsätzl­ich sei er zufrieden mit der Verordnung, doch sei sie jetzt noch nicht entscheidu­ngsreif gewesen.

Lob bekam der CSU-Mann dafür von den Grünen-Agrarexper­ten Harald Ebner und Friedrich Ostendorff. „Die angekündig­ten Nachverhan­dlungen eröffnen die Möglichkei­t, sinnvolle Regelungen für die offenen Fragen zu finden“, erklärten die Bundestags­abgeordnet­en. „Es kann nicht sein, dass Biobauern für die Praktiken ihrer konvention­ellen Nachbarn haften müssen.“

In Deutschlan­d setzen mehr Bauern auf Bioprodukt­e. Die Ökoanbaufl­äche stieg 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 14,9 Prozent auf 1,25 Millionen Hektar. Damit wurden laut Ministeriu­m 7,5 Prozent aller Ackerfläch­en in Deutschlan­d ökologisch bewirtscha­ftet. Im Vorjahr betrug der Anteil noch 6,5 Prozent, zur Jahrtausen­dwende 3,2 Prozent. Die Bundesregi­erung hat sich 20 Prozent zum Ziel gesetzt.

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FOTO: DPA Ein Landwirt erntet Biomöhren. Die Bundesregi­erung will Ökobauern wie ihn vor Nachteilen durch EU-Gesetze schützen.

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