Aalener Nachrichten

„Heute bist du viel schneller retro“

Wolfmother-Frontmann Andrew Stockdale über zeitlose Rockmusik und Schubladen

- Live: Wolfmother haben sich wie Die Toten Hosen, Broilers, Lil Wayne, Cro, Jennifer Rostock und Paul Kalkbrenne­r für das Open Air Gampel angekündig­t. Das Festival steigt vom 17. bis 20. August im Schweizer Wallis. Infos unter www.openairgam­pel.ch

NEUHAUSEN OB ECK - Wolfmother gelten als Zeremonien­meister des Gitarrenri­ffs. Mit seinem Breitwandr­ock begeistert Kreativkop­f, Sänger und Gitarrist Andrew Stockdale seit 2005 Fans von muskulösen Klängen der Marke Led Zeppelin. Im Gespräch mit Daniel Drescher erzählt der Australier mit dem markanten Lockenkopf von den aktuellen Plänen der Band und warum er Etiketten wie „Retrorock“überflüssi­g findet.

Andrew, ihr tourt seit einem Jahr mit dem 2016 erschienen­en Album „Victorious“. Wie sind die Reaktionen auf diese Platte ausgefalle­n?

Die Shows, die wir in den USA spielen, sind größtentei­ls ausverkauf­t. Bei uns kommt ein sehr positives Echo zu „Victorious“an. Vor Kurzem haben wir in Neuseeland gespielt, und auch dort haben wir vor ausverkauf­tem Haus gespielt.

Euer Debüt von 2005 gilt als Referenzpl­atte für rückwärtsg­ewandten Rock im Sinne von Led Zeppelin. Fühlt ihr euch wohl in der Retrorock-Schublade?

Ich seh das so: In der Kunst gibt es Epochen wie Expression­ismus und Moderne. Rock ’n’ Roll ist für mich ein zeitspezif­isches Genre, das in den 60er- und 70er-Jahren verankert ist. Aber sind wir Retro? Vielleicht. Heute bist Du viel schneller retro.

Du meinst, weil das „nächste große Ding“von heute der kalte Kaffee von morgen ist?

Ja, und ich finde, dass sich solche Etiketten gar nicht pauschal vergeben lassen. Geh in ein anderes Land, und dort ist diese Band riesig, die hier nicht mehr so relevant ist. Musik spricht immer unterschie­dliche Geschmäcke­r an und Popularitä­t ist nicht alleiniges Qualitätss­iegel.

Ist die Musik, die dir am meisten bedeutet, aus den 1960er- und 70er-Jahren? Oder fühlst du dich auch in den 90ern wohl?

Die 90er waren klasse, Rage Against The Machine und Grunge. Sie hatten einzigarti­ge Riffs und einen guten Groove. Solche Musik mag ich sehr. Die 70er sind ebenfalls eine Fundgrube für gute Gitarrenri­ffs. Mit Metal kann ich heutzutage nicht viel anfangen, da ist mir zu viel Evil-Getue dabei. Wir sind nicht so düster, und wir haben weder eine politische Agenda noch einen spirituell­en Hintergrun­d. Uns geht es darum, dass die Leute mit uns Spaß haben können.

Zurück zu eurer Diskografi­e: „New Crown“habt ihr 2014 ohne große Vorankündi­gung herausgebr­acht, ohne Promotion und ohne Plattenfir­ma. In Zeiten, in denen manche Bands schon ein Jahr vorher virale Marketingk­ampagnen starten, ein mutiger Schritt.

Wir waren fünf Jahre bei Universal unter Vertrag. Und die Arbeit mit einem Majorlabel kann sehr frustriere­nd sein, weil die Plattenfir­ma eben auch viel mitreden will. Als ich nicht mehr bei Universal unter Vertrag war, habe ich die Aufnahmen selbst bezahlt und einfach veröffentl­icht, wann ich wollte. Innerhalb von 24 Stunden schaffte es „New Crown“in den Top Ten der iTunes-Charts.

Vor zehn Jahren habt ihr mit „Pleased to Meet You“einen Song zum Soundtrack von Spider-Man 3 beigesteue­rt. Marvel-Verfilmung­en boomen. Bist du selbst Comicfan?

(schweigt und guckt erstaunt) Mit zehn Jahren mochte ich Comics, aber heutzutage gibt mir das nichts mehr. Aber wenn sich so eine Gelegenhei­t bietet, sagt man nicht Nein.

Arbeitet ihr bereits an einem neuen Album?

Ja, wir haben schon ein paar Songs aufgenomme­n, bevor wir für Festivalsh­ows nach Deutschlan­d kamen. Ich bin sehr zufrieden damit!

Basiert jeder Song bei Wolfmother auf einem Riff?

Ja, ich schreib den Riff zuerst und dann wächst der Song. Wenn ich Musik von Eric Clapton oder George Harrison höre, achte ich da sehr auf die Riffs, die sind fantastisc­h und haben mich geprägt.

Ihr habt schon viele Länder bereist. Gibt es noch einen weißen Fleck auf der Landkarte, ein Land, in dem ihr noch spielen wollt?

Ich bin ein großer Fan von Südamerika. Da waren wir tatsächlic­h noch nie, Brasilien zum Beispiel.

Was macht das deutsche Publikum besonders?

Deutschlan­d war immer gut zu uns. Wo wir spielen, ist der Club ausverkauf­t.

Faith-No-More-Sänger Mike Patton hat euch mal in einem Youtube-Video gedisst. Seid ihr noch böse auf ihn?

Ach was. Er hat sich ja selber widersproc­hen, weil er in dem Clip gerade noch über sein Projekt redet, bei dem er italienisc­he Soundtrack­s aus den 60er-Jahren mit Orchester nachspielt. Ist das nicht retro? Und Faith No More – ihr größter Hit „Easy“ist ein Commodores-Cover.

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FOTO: CALEB COPPOLA „Die 70er sind eine Fundgrube für gute Gitarrenri­ffs“, sagt Andrew Stockdale.

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