Konzentration bitte!
Das neue Album von Broken Social Scene ist alles, nur keine Hintergrundbeschallung
RAVENSBURG - Kanada ist nicht arm an umwerfender Musik. Der melancholische Indiefolk der leider aufgelösten Weakerthans, der energetische Rock von Billy Talent oder der anfangs bombastische, inzwischen tanzbare Sound von Arcade Fire: nur drei Beispiele dafür, wie reich das kreative Reservoir des nordamerikanischen US-Nachbarn ist. Mit Broken Social Scene meldet sich nun eine der wichtigsten Bands der kanadischen Indierockszene zurück. Sieben Jahre liegt das letzte Studioalbum „Forgiveness Rock Record“bereits zurück – eine lange Zeit, in der manch andere Band groß geworden und wieder verglüht ist.
Doch Broken Social Scene sind nach wie vor relevant. Kevin Drew und Brendan Canning, der kreative Kern des 15 Musiker umfassenden Kollektivs, wollen mit dem Album vor allem zwei Dinge vermitteln: Es gehe zum einen darum, sich einmal 53 Minuten lang auf die Musik zu konzentrieren und die anderen Dinge im Leben solange außer Acht zu lassen – Smartphones, Stress, Krisenmeldungen. Zudem, so sagt Drew: „Ich hoffe, sie verstehen, dass es andere Menschen da draußen gibt, dass sie nicht alleine sind.“Die Naivität ist ihm dabei bewusst.
Weniger simpel als diese Intention sind die Kompositionen. Das Bild vom Kaleidoskop, in dem der Blick auf ein Objekt viele bunte Facetten offenbart, trifft es hier. Da sind opulente Rocknummern wie „Halfway Home“, aber auch leichtfüßige Stücke wie „Skyline“. In „Vanity Pail Kids“meint man Dark-Wave-Klänge wie aus den 1980er-Jahren wiederzuerkennen. Großartige stimmliche Akzente setzen auch die beiden Sängerinnen Leslie Feist und Emily Haines (Metric).
Das mit dem Smartphone haben Broken Social Scene hinbekommen: Fast eine Stunde lang wird alles andere zur Nebensache – denn das hier ist alles, nur keine Hintergrundmusik.