Wolfgang Rihm: Extreme Kontraste
SCHWÄBISCH GMÜND (rz) - Großen Beifall hat es beim Festival Europäische Kirchenmusik für die Werke des Preisträgers Wolfgang Rihm im Münster gegeben. Schwer zu sagen, was auf die Zuhörer besonders nachhaltig gewirkt haben mag: der ohrenbetäubende Einsatz von vier großen Trommeln oder die Flageoletttöne der ersten Geige in extremer Höhe und im extremen Pianissimo, mit denen das letzte Werk des Abends sich ins Unhörbare verflüchtigte.
Drei Werke Rihms, der wegen Krankheit den Preis von OB Richard Arnold und die Laudatio von HansPeter Jahn nicht persönlich entgegennehmen konnte, standen im Mittelpunkt. Natürlich hat Rihm die Musik nicht neu erfunden, die barocke Form wird aber neu befüllt. Anklänge an die Tradition bleiben erkennbar. Nur etwa 15 Minuten dauert „Memoria“(Orgel: Andreas Gräsle), gedacht als Teile eines Requiems. Großes Lob gilt der Altistin Annette Markert, dem Stuttgarter Bachchor, dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim und natürlich Sopranist Lukas Ewald, dem Solisten der Gmünder Sankt Michael-Chorknaben, der sich von der gewaltigen Kulisse nicht irritieren ließ. Zum extremen Kontrast gerieten das Kyrie d-Moll von Mozart und die Kantate „Jauchzet Gott in allen Landen“von Bach. Sporanistin Susanna Martin gefiel mit jugendlichem Timbre.
Den effektvollen Schluss bildete mit „Maximum est Unum“(1996) das Werk, in dem Rihm, der erst relativ spät zur geistlichen Musik fand, zum ersten Mal das Wort „Deus“(Gott) vertonte. Wie in „Memoria“stand Altistin Markert im Mittelpunkt. Der Bachchor wurde nun durch den Südwestdeutschen Kammerchor Tübingen verstärkt. Es war eine grandiose Leistung des Dirigenten Jörg-Hannes Hahn, diesen Riesenapparat trotz räumlicher Distanz zusammenzuhalten.