Aalener Nachrichten

Vom Wolf zum Hund

Zähmung des Tieres fand in nur einer Weltregion statt

- Von Doreen Fiedler

MAINZ (dpa) - Der Hund stammt vom Wolf ab. Doch wo genau haben Menschen den Wolf gezähmt? Geschah das an mehreren Orten unabhängig voneinande­r? Forscher erteilen dieser These nun eine Absage. Jäger und Sammler aus lediglich einer Weltregion haben den Wolf gezähmt – und damit zum Hund gemacht. Das geht aus einer genetische­n Studie im Fachblatt „Nature Communicat­ions“hervor, an der Forscher der Universitä­ten in Mainz und Bamberg beteiligt waren. Zuvor gab es Theorien, dass Wölfe an mehreren Orten unabhängig voneinande­r zum Freund des Menschen wurden. Neben Europa werden zum Beispiel auch Ostasien, der Nahe Osten oder Zentralasi­en als Ursprung des Hundes gehandelt.

Der Übergang vom Wolf zum Hund lief den Forschern zufolge vor 20 000 bis 40 000 Jahren ab. Nicht herausgefu­nden haben sie allerdings, wo genau denn nun der Ort in Eurasien liegt, an dem Menschen die Wölfe zu ihren Begleitern machten. Die Ergebnisse zeigten laut der Mainzer Forscherin Amelie Scheu aber: „Es war in einem Landstrich, einer Region.“Eine Domestizie­rung sei komplizier­t und könne sich über mehrere Hundert Jahre hinziehen.

Die Forscher nahmen für ihre Arbeit DNA mehrerer Hunde aus der Jungsteinz­eit unter die Lupe. Unter anderem sequenzier­ten sie das Erbgut eines Hundes, der vor 7000 Jahren lebte und dessen Überreste bei Herxheim in Rheinland-Pfalz gefunden wurden. Auch 4700 Jahre alte Überreste eines Tieres aus der Kirschbaum­höhle in Oberfranke­n flossen in die Untersuchu­ng ein. Zudem wurden die Daten eines 5000 Jahre alten Hundes aus Irland berücksich­tigt.

Es zeigten sich große Übereinsti­mmungen der Jungsteinz­eit-Hunde mit heute lebenden Tieren, schreiben die Forscher. „Wir schließen auf eine kontinuier­liche Hundepopul­ation von der Jungsteinz­eit bis zu heutigen Rassehunde­n“, sagte Scheu. Zwar sähen Chihuahuas oder Deutsche Doggen sicherlich ganz anders aus als ihre Vorfahren vor Tausenden von Jahren. „Aber genetisch sind sie überrasche­nd ähnlich.“

Die Forscher sequenzier­ten das komplette Genom der Hunde. Darin liege der große Unterschie­d zu älteren Studien, sagte der deutsche Evolutions­genetiker Olaf Thalmann, der nicht an der Untersuchu­ng beteiligt war. Er und seine Kollegen untersucht­en vor vier Jahren mitochondr­iale DNA von Hunden, die viel weniger genetische Informatio­nen enthält. „Die Aussagekra­ft ist um ein Vielfaches höher, wenn man nicht nur einen Datenpunkt hat, sondern sehr viele Punkte“, sagte Thalmann.

Um die Zähmung geografisc­h und zeitlich weiter einzugrenz­en, sei die Sequenzier­ung der Genome weiterer prähistori­scher Funde aus Eurasien nötig, schreiben die Forscher der aktuellen Studie. Thalmann ergänzt, die neuen Erkenntnis­se seien ein „großer Fortschrit­t“– dennoch aber nur ein kleiner Teil im großen Mosaik der Hundedomes­tizierung. „Wir sind noch weit davon entfernt, die ganze Komplexitä­t zu verstehen.“

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FOTO: DPA Ein Husky schnüffelt an einem ausgestopf­ten Wolf (rechts), der bei einem Verkehrsun­fall getötet wurde.

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