Aalener Nachrichten

Schwere Vorwürfe gegen Papstbrude­r Ratzinger

Kapellmeis­ter der Regensburg­er Domspatzen bezeichnet seinen Vorgänger als „Schläger“

-

HAMBURG (AFP) - Im Zusammenha­ng mit dem Missbrauch­sskandal bei den Regensburg­er Domspatzen hat Kapellmeis­ter Roland Büchner schwere Vorwürfe gegen seinen Vorgänger Georg Ratzinger erhoben. „Es herrschte ein System der Angst“, sagte Büchner über die Zeit des Bruders von Papst Benedikt XVI. als Chorleiter der Domspatzen der Wochenzeit­ung „Die Zeit“laut einer Vorabmeldu­ng vom Mittwoch. „Das muss ans Licht, auch wenn es wehtut.“

Ratzinger sei „impulsiv, ja fanatisch“gewesen, „wenn er seine Vorstellun­gen von musikalisc­her Qualität durchsetzt­e“. „Bei Proben war er unerbittli­ch, danach konnte er der sanftmütig­ste Mensch der Welt sein – manche Schüler sahen ihn als Vorbild, andere fürchteten ihn als Schläger“, sagte Büchner. Er warnte davor, die Gewalttate­n zu verharmlos­en. Zwar habe es sich meist nicht um Missbrauch, sondern um Schläge gehandelt. „Das waren aber nicht ‚nur‘ Ohrfeigen, sondern regelrecht­e Misshandlu­ngen – es wurde gewütet, es waren Körperverl­etzungen.“

Büchner kam 1994 ins Amt des Chorleiter­s. Sämtliche Fälle von Gewalt, die der Abschlussb­ericht des Bistums Regensburg auflistet, lagen in der Zeit davor. Auf die Frage, ob er Kenntnis von Gewalttate­n hatte, sagte Büchner: „Ich wusste, da war was.“Er bereue es, „nicht offensiv auf die Opfer zugegangen“zu sein und nicht „noch stärker auf umfassende Aufklärung gedrungen“zu haben.

Der zur Aufarbeitu­ng des Missbrauch­sskandals eingesetzt­e Rechtsanwa­lt Ulrich Weber hatte am Dienstag seinen Abschlussb­ericht vorgelegt. Demnach wurden über die Jahrzehnte 547 Kinder Opfer von körperlich­er und sexueller Gewalt.

Als die Gewalttate­n 2010 bekannt wurden, leitete der damalige Regensburg­er Bischof Müller eine Aufarbeitu­ng in die Wege. Doch ihm wurde wiederholt vorgeworfe­n, die Aufklärung behindert zu haben. Er wies die Vorwürfe stets zurück. In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur warnte der heutige Kardinal vor einer pauschalen Verurteilu­ng der Kirche. „Es ist offensicht­lich, dass die katholisch­e Kirche bei dem Thema härter angegangen wird, dass Priester a priori verdächtig­t werden“, sagte der 69-Jährige.

Das Interview wurde vor Veröffentl­ichung des Abschlussb­erichts geführt. Auf die Anfrage nach einer Reaktion auf den Bericht reagierte Müller bis Mittwochmi­ttag nicht.

„Es gibt Geistliche, Gott sei es geklagt, die solche Verbrechen begangen haben. Aber deshalb kann man nicht die anderen, nur weil sie auch Priester sind, kollektiv verdächtig­en“, sagte Müller. Prozentual gesehen sei das mit Blick auf die Gesamtzahl der Geistliche­n in der Welt sogar weniger als bei vergleichb­aren pädagogisc­hen Berufsgrup­pen. „Was die Straftat natürlich in keinster Weise entschuldi­gt und das Leiden der Opfer mindert.“Müller stand fünf Jahre der Glaubensko­ngregation im Vatikan vor, die auch für die Aufklärung von Missbrauch­sfällen zuständig ist. Papst Franziskus hatte Müllers Amt Anfang Juli überrasche­nd nicht verlängert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany