BMW bestreitet Kartellvorwürfe
Politik verliert die Geduld mit der Branche – Sondersitzung im Bundestag gefordert
MÜNCHEN (dpa) - BMW hat seine Dieselmodelle gegen Vorwürfe der Abgasmanipulation verteidigt und die jüngsten Kartellvorwürfe im Zusammenhang mit den Reinigungssystemen zurückgewiesen. In einer Mitteilung des Konzerns vom Sonntag hieß es: „Fahrzeuge der BMW Group werden nicht manipuliert und entsprechen den jeweiligen gesetzlichen Anforderungen.“Auch für Dieselautos treffe dies zu. Man suche „auch in der Abgasreinigung den Wettbewerb“. Das Nachrichtenmagazin „Spiegel“hatte berichtet, dass deutsche Autobauer unter dem Verdacht eines Kartells mit Preis- und Technikabsprachen stehen.
HANNOVER/BERLIN (dpa) - Der Verdacht geheimer Absprachen deutscher Autobauer zum Schaden von Verbrauchern und Zulieferern droht zu einer weiteren Gefahr für die Branche zu werden. Gut eine Woche vor einem Berliner Spitzentreffen zur Frage, wie überhöhte Werte von Stickoxid gesenkt werden sollen, berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“über ein angebliches Autokartell.
Demzufolge sollen Vertreter von Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler sich schon seit den 1990er-Jahren gemeinsam über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben. Die EU-Kommission prüft solche Hinweise, wie sie am Samstag mitteilte.
Treffen die Vorwürfe zu, steht illegales Kartellverhalten im Raum. Mit solchen Absprachen können etwa Preise gegenüber Kunden künstlich hoch gehalten oder gegenüber Zulieferern gedrückt werden. Daimler sprach von „Spekulationen“, VWChef Matthias Müller in der „Rheinischen Post“von „Sachverhaltsvermutungen“.
Ruf nach echter Aufklärung
Der Betriebsrat von Volkswagen dringt auf eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung noch in dieser Woche. Ein Sprecher des Gremiums sagte am Sonntag: „Der Vorstand ist in der Pflicht, das Aufsichtsgremium umfassend zu informieren. Das ist bislang nicht geschehen.“
Auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) fordert rasche Aufklärung und Konsequenzen. „Ich finde, jetzt ist auch mal ein bisschen Demut und Anstand angesagt und nicht diese hochmütige Haltung nach dem Motto: Wir wollen, dass die Politik uns endlich in Ruhe lässt“, sagte er im ZDF-„heute journal“. Er wolle endlich einmal sehen, dass das Management Verantwortung übernehme, konsequent aufkläre und dazu auch neutrale Hilfe von außen einhole. „Und dann muss man Konsequenzen ziehen, dass so etwas nicht wieder passieren kann.“
Die Grünen im Bundestag verlangen ein Sondertreffen des Verkehrsausschusses des Parlaments. Beantragt werde angesichts der Kartellvorwürfe nun „eine kurzfristig einzuladende Sondersitzung für Ende Juli“, kündigte Verkehrspolitiker Oliver Krischer an. Man wolle so Klarheit über die möglichen „Machenschaften des Autokartells“bekommen, die – sollten sie sich bestätigen – „ungeheuerlich“seien.
Der „Spiegel“stützte seine Darstellung auf einen Schriftsatz, den VW auch für Audi und Porsche bei den Wettbewerbshütern eingereicht haben soll. Daimler habe ebenfalls eine „Art Selbstanzeige“hinterlegt. Das Bundeskartellamt erklärte: „Details laufender Verfahren können wir nicht kommentieren.“Konkreter Hintergrund der neuen Vorwürfe sind dem Bericht zufolge Ermittlungen wegen des Verdachts auf Absprachen von Stahlpreisen, im Sommer 2016 hatte es Durchsuchungen gegeben.
BMW legt sich fest
Auch für die Debatte um die Zukunft des Diesels allgemein drohen die Recherchen zu einer Belastung zu werden. Bei den Absprachen soll es unter anderem um Technik zur Reinigung von Dieselabgasen gegangen sein – und um die Festlegung auf kleinere, aber billigere Tanks für das Mittel AdBlue. Mit der Substanz werden gefährliche Stickoxide in Wasser und Stickstoff aufgespalten. BMW stellte mit Blick auf AdBlue klar: „Den Vorwurf, dass aufgrund zu kleiner AdBlue-Behälter eine nicht ausreichende Abgasreinigung in Euro-6-Diesel-Fahrzeugen der BMW Group erfolgt, weist das Unternehmen entschieden zurück. In einer Mitteilung des Konzerns vom Sonntag hieß es weiter: „Fahrzeuge der BMW Group werden nicht manipuliert und entsprechen den jeweiligen gesetzlichen Anforderungen.“Auch für Dieselautos treffe dies zu.
Unabhängig von der noch fehlenden Bestätigung für den genauen Inhalt der Ermittlungen gab es bereits
Stellungnahme des Münchener Konzerns vom Sonntag
heftige Kritik an den Autobauern. Der Linken-Politiker und Ex-Leiter des Abgas-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Herbert Behrens, sagte: „Sollten sich die Meldungen zu Absprachen bestätigen, hätten die betreffenden Konzerne damit nicht nur die Zulieferer geschädigt, sondern auch ihre Kunden und vor allem die Gesundheit der in Innenstädten lebenden Menschen.“Er bekräftigte seine Kritik an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), dem auch die Grünen einen zu laschen Umgang mit der Industrie vorwerfen. Auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte schnellstmögliche Aufklärung. „Was schiefgelaufen ist, muss aufgeklärt werden“, sagte er am Samstag. Das Thema erschwere die Gespräche mit der Autoindustrie zur Reduzierung von Dieselabgasen.
„Fahrzeuge der BMW Group werden nicht manipuliert.“
Konzerninterne Fehde bei VW
Unterdessen verschärft sich bei der Aufarbeitung der Dieselkrise im VW-Konzern der Konflikt zwischen Porsche und Audi. Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück sieht sein Unternehmen hintergangen und fordert die Entlassung von Vorständen bei der Konzernschwester Audi. „Ich werde es nicht zulassen, dass Porsche durch Tricksereien von Audi in Gefahr gerät“, sagte der oberste Belegschaftsvertreter der „Bild am Sonntag“. „Eigentlich muss der AudiAufsichtsrat die Vorstände freistellen.“Bei der Ingolstädter Oberklasse-Marke sollen Teile des Skandals ihren Ursprung haben.