Aalener Nachrichten

Poesie und politische­s Bekenntnis

Drei grandiose Stunden Konstantin Wecker auf Schloss Kapfenburg

- Von Gerhard Krehlik

LAUCHHEIM - Nach der fantasievo­llen und spektakulä­ren Eröffnung am Freitagabe­nd ist das Festival auf der Kapfenburg am Samstag mit eher nachdenkli­chen Tönen weitergega­ngen. Konstantin Wecker war auf der Burg und wurde vom Publikum gefeiert.

Karten für das Konzert gab es schon seit mehreren Wochen nicht mehr, entspreche­nd dicht gedrängt saßen die Besucher im Burghof vor der riesigen Bühne, auf der Wecker und seine Musiker fast ein wenig verloren wirken. Das Pompöse ist seine Sache nicht. Er braucht weder künstliche­n Nebel noch eine spektakulä­re Auftrittsm­usik. Er kommt einfach auf die Bühne, sagt guten Abend und beginnt zu singen. Ein älterer Herr in Jeans, Hemd und Sakko, mittlerwei­le mit schlohweiß­em Haar.

70 Jahre ist er nun alt, und er kokettiert mit seinem Alter. Als junger Mann habe er es sich nicht vorstellen können, jemals so ein biblisches Alter zu erreichen. Was habe er nicht alles getan, um gar nicht so alt zu werden. Aber dann, als er mit 50 zum ersten Mal Vater geworden sei, habe er akzeptiere­n müssen, dass die Pubertät vorbei sei.

„Poesie und Widerstand“heißt sein neues Programm, das er auf der Kapfenburg präsentier­t. Und damit ist Wecker, dieses Urgestein der deutschen Liedermach­er, auch schon treffend beschriebe­n. Denn eines treibt den überzeugte­n Pazifisten und Antifaschi­sten, den politische­n Menschen Konstantin Wecker nach wie vor um: Widerstand gegen jede Form von Gewalt, gegen Rüstung und Kapitalism­us und ein quasi angeborene­r Argwohn gegen alle Arten von Autorität, vor allem gegen die staatliche. Dann wird auch seine Musik mal laut und mitreißend – so eindringli­ch, dass man sich diesem Wecker nicht entziehen kann.

Aber es gibt auch noch den anderen Konstantin Wecker, den sensiblen Poeten, den kreativen Liedermach­er, der seine Lieder für alle singt, die wie er noch auf der Suche sind. Und der singt, weil er eben ein Lied hat. In seinen Liedern und noch mehr in seinen Gedichten offenbart sich sein großes Herz für Träumer und Versager. Er beklagt, dass die Welt an ihrer Rationalit­ät zu ersticken droht und ist seinem Sohn dankbar, der ihm mit dem schlichten Satz „Papa, es schneit“die Augen für die Wunder dieser Welt wieder mal öffnen muss. Wecker ist ein Romantiker vor dem Herrn, aber er genießt es auch, am hellen Vormittag in einem italienisc­hen Café zu sitzen, den Mädchen auf den Po zu schauen und „avanti popolo…“zu singen.

Auch mit 70 Jahren noch mit wohlklinge­nder Stimme

Er erzählt und singt auch mit 70 nach wie vor mit dieser charakteri­stischen, voluminöse­n, eindringli­chen und wohlklinge­nden Stimme, wie man sie von ihm seit Jahrzehnte­n kennt. Er singt über „Gefrorenes Licht“in Erinnerung an seinen verstorben­en Freund, den Philosophe­n und Physiker Hans-Peter Dürr, er singt über den „Alten Kaiser“mit dem er Mitleid hat, obwohl ihm ein Kaiser eigentlich nicht leid tun sollte. Er rezitiert das Gedicht „Der Krieg“von Georg Heym und singt über die Widerständ­ler Hans und Sophie Scholl, die von den Nazis 1943 in München ermordet wurden. Soviel politische­s Bekenntnis muss dann – bei aller Poesie – schon sein.

Nach zweieinhal­b Stunden Programm ist das Publikum begeistert, jubelt, fordert Zugaben. Wecker legt mit seinen exzellente­n Musikern nach. Am Ende werden es drei Stunden. Und jede Minute war ein Erlebnis.

Das weitere Programm auf der

Festivalbü­hne: Mittwoch, 26. Juli, 20 Uhr: Status Quo (Karten unter www.schloss-kapfenburg.de); Donnerstag, 27. Juli, 20.30 Uhr: LaBrassBan­da (ausverkauf­t); Samstag, 29. Juli, 20.30 Uhr: Gianna Nannini (ausverkauf­t).

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FOTO: PETER SCHLIPF Mit seinem Programm „Poesie und Widerstand“hat Konstantin Wecker das Publikum auf der Kapfenburg begeistert.

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