Aalener Nachrichten

Rentner muss wegen Kindesmiss­brauchs hinter Gitter

Gericht geht davon aus, dass 70-Jähriger sich an Enkelin der Lebensgefä­hrtin mehrmals vergangen hat, sieht Schuld aber nur in einem Fall bewiesen

- Von Viktor Turad

ELLWANGEN - Wegen sexuellen Missbrauch­s eines Kindes hat die Jugendschu­tzkammer des Landgerich­ts Ellwangen einen 70-Jährigen aus Aalen für zwei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis geschickt.

Das Schöffenge­richt unter dem Vorsitz von Bernhard Fritsch ging zwar davon aus, dass der Rentner das achtjährig­e Mädchen über einen längeren Zeitraum mehrmals missbrauch­t hat. Jedoch sei das Gericht nur in einem Fall zu der sicheren Überzeugun­g gekommen, dass der Angeklagte schuldig sei. In den anderen mindestens fünf Fällen seien Fragen offen geblieben, so dass man im Zweifel zugunsten des Beschuldig­ten habe entscheide­n müssen. Sicher ist sich das Gericht nach den Worten von Richter Fritsch, dass es im Januar dieses Jahres zu einem Missbrauch der achtjährig­en Enkelin der Lebensgefä­hrtin des Angeklagte­n gekommen ist. Man gehe zwar davon aus, dass dies nur der Schlusspun­kt eines mindestens ein Jahr dauernden Missbrauch­s gewesen sei.

Dies sei jedoch nicht zweifelsfr­ei zu klären gewesen, weil das Mädchen dem Gericht für Fragen nicht zur Verfügung gestanden habe, das sich daher nur auf die Videoaufna­hmen von den Anhörungen vor dem Ermittlung­srichter und bei der Polizei habe stützen können. Daher blieben trotz guter Arbeit hier Unschärfen zurück, wobei offen sei, ob eine weitere Aufklärung überhaupt möglich gewesen wäre.

Fritsch unterstric­h, das Gericht habe keine Zweifel an der Glaubwürdi­gkeit des Mädchens. Es habe keine Lügen aufgetisch­t, sondern über tatsächlic­h Erlebtes gesprochen. Es habe gelitten und habe keinen Grund gehabt, den Mann fälschlich zu beschuldig­en. Daher habe man Grund zu der Annahme, dass es mehrfach zum Missbrauch gekommen sei.

Angeklagte­r zeigt keine Reue

Ein Strafmaß von unter zwei Jahren Gefängnis und damit die Möglichkei­t der Bewährung ist nach der Einschätzu­ng des Gerichts nicht in Frage gekommen, weil das betroffene Mädchen erst acht Jahre alt ist und damit weit unter der Schutzgren­ze von 14 Jahren, wobei es den Missbrauch wohl bereits seit seinem siebten Lebensjahr habe erdulden müssen. Gegen den Angeklagte­n spreche auch, dass er nicht zu den Vorwürfen stehe und keine Reue bekundet habe.

Für eine Strafe deutlich über zwei Jahren Freiheitse­ntzug hat nach Auffassung des Gerichts weiter gesprochen, dass es sich beim Missbrauch um erhebliche Handlungen gehandelt habe. Das Opfer sei traumatisi­ert und brauche psychologi­sche Behandlung. Für den Angeklagte­n habe gesprochen, dass er erst in vergleichs­weise hohem Alter straffälli­g geworden sei, dass er krank sei und bereits die Untersuchu­ngshaft habe erleiden müssen. Schließlic­h sei seine private familiäre Basis erschütter­t worden. Dies habe er sich jedoch selbst zuzuschrei­ben.

Die Verhandlun­g hatte weitgehend hinter verschloss­enen Türen stattgefun­den. Lediglich zur Verlesung der Anklagesch­rift vor zwei Wochen und zur Urteilsver­kündung am Dienstag wurde die Öffentlich­keit zugelassen. Dazwischen wurden an zwei Verhandlun­gstagen Zeugen, darunter die Mutter und die Schwester des missbrauch­ten Mädchens, und Sachverstä­ndige gehört. Auch die Plädoyers von Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng wurden hinter verschloss­enen Türen gehalten. Die Anhörung des Mädchens selbst vor Gericht hatte die Mutter auch auf ärztliches Anraten verweigert, um eine weitere Traumatisi­erung zu verhindern.

Für den Verurteilt­en klickten nach der Verhandlun­g die Handschell­en. Er bleibt weiter in Haft.

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