Mammutjagd und Elfenbein-Kunst
Neuer Bildband über die Höhlenfunde auf der Schwäbischen Alb vor 40 000 Jahren
AALEN/HEIDENHEIM - Die Menschen, die vor rund 40 000 Jahren in unserer Region lebten, waren noch Jäger und Sammler. Wenn sie ein Mammut erlegten, hatten sie wochenlang zu essen. Sie saßen in den Höhlen der Schwäbischen Alb und schnitzten aus den Knochen der Beutetiere allerlei Figuren von Tieren und Menschen. Manchmal waren es auch Mischwesen zwischen beiden.
Vor über hundert Jahren begannen Archäologen in den vier Höhlen des Ach- und Lonetals im heutigen Kreis Heidenheim zu graben. Was sie fanden, erregte das Interesse von Wissenschaftlern der Universität Tübingen und weit darüber hinaus. Was die Menschen der Altsteinzeit aus Mammut-Elfenbein und Vogelknochen mit primitiven Werkzeugen geschaffen haben, war wertvolle Kunst, vermutlich die früheste Kunst, die man bisher gefunden hat.
Am 9. Juli erfuhren die Funde eine weltweite Würdigung. Sie wurden in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes eingetragen. Ganz neu erschien jetzt ein Bildband, der einen Einblick in die einmalige Fundlandschaft, in die Lebensweise der Eiszeitmenschen und in die Arbeit mit ihren Steinwerkzeugen gibt. Gleichzeitig zeigt das Buch eine Auswahl der bedeutendsten Funde der Region.
Bison, Löwenmensch und Co.
Da gibt es zunächst die vielen Tiere, die vor 40 000 Jahren hier gelebt haben und gejagt wurden. Deren sehr konkreter Darstellung haben sich die damaligen Menschen am meisten gewidmet: Die fünf Zentimeter große Mammutfigur aus der Vogelherdhöhle bei Niederstotzingen mit ihrem tonnenförmigem Körper, ihrem wuchtigen Schädel samt Rüssel, das zierliche Wildpferdchen, der Bison mit seinen rätselhaften Einkerbungen, deren Bedeutung bis heute noch ungeklärt ist.
Der Löwenmensch ist das größte und geheimnisvollste Kunstwerk, das in der Stadelhöhle am Hohlenstein entdeckt wurde. Es verbindet menschliche Attribute mit denen eines Höhlenlöwen, des gefährlichsten Raubtieres der Eiszeit. Die „Venus vom Hohlenfels“gilt als ältestes figürliches Kunstwerk der Menschheit. Im Geißenklösterle bei Blaubeuren wurde eine menschenähnliche Figur im Halbrelief gefunden, die wegen ihrer grüßenden oder betenden Haltung als „Adorant“bezeichnet wurde. Besondere Bedeutung kommt den ältesten Musikinstrumenten zu, drei Flöten aus Schwanenknochen gearbeitet. In die zwölf Zentimeter langen Instrumente sind mit einer Feuersteinklinge fünf Löcher flach eingeschnitten. Wie die Flöten wohl geklungen haben? Noch heute gibt es die „Pentatonik“, frühe Fünf-Ton-Musik. Vielleicht haben dazu Eiszeitfrauen getanzt, angetan mit Halsketten und Armbändern aus Steinperlen, die man in großer Zahl in den Höhlen gefunden hat. Sie sind in einer gerade erst eröffneten Sonderausstellung in Blaubeuren zu sehen. „Welt-Kult-Ur-Sprung“, Herausgeber: Georg Hiller und Stefanie Kölbl, Süddeutsche Verlagsgesellschaft Ulm im Jan Thorbecke Verlag, 112 Seiten, 19,90 Euro.