Aalener Nachrichten

Vom Leinenramb­o zum sicheren Vierbeiner

Conny Konold-Fritze nimmt beim Mindwalk-Training Hunden die Angst und macht sie wieder fit für den Alltag

- Von Verena Schiegl

AALEN - Den Moonwalk für Zweibeiner hat die Pop-Ikone Michael Jackson populär gemacht. Den Mindwalk für Vierbeiner hingegen Hundetrain­er wie Nadia Winter. Das Training bietet seit Februar dieses Jahres auch Conny Konold-Fritze als einzige Hundetrain­erin und Therapeuti­n im Ostalbkrei­s an. Auf ihrem Freigeländ­e in Unterromba­ch finden ängstliche, aggressive, hyperaktiv­e und unsichere Hunde wieder zu einer größeren Ausgeglich­enheit und Selbstsich­erheit.

Ein gemütliche­s Abendessen im Restaurant war für die Besitzer des spanischen Mischlings Chico bis vor kurzem ein Ding der Unmöglichk­eit. Nicht eine Sekunde konnte der vierjährig­e Rüde still sitzen. Zu stark waren die Außenreize, die Chico nicht ausblenden konnte. Nervenaufr­eibend war auch der tägliche Spaziergan­g für die Besitzerin des dreijährig­en Cocker Spaniels Max. Eine Begegnung mit anderen Hunden artete in einem schweißtre­ibenden Zweikampf zwischen Hund und Frauchen an der Leine aus. Am Rande der Verzweiflu­ng war auch das Herrchen der zweijährig­en Lissy, die um Menschen einen großen Bogen machte.

Aggressive Hunde stehen nicht mit vier Pfoten auf dem Boden

Auf der Suche nach einer Lösung für das Problem ihrer Vierbeiner sind sie allesamt auf das Training von Conny Konold-Fritze aufmerksam geworden. Vor fast zwei Jahren eröffnete diese in ihrem Haus in Unterromba­ch ihre Praxis „Dogs in Balance“für Verhaltens­beratung und Wellness-Therapie. Hier habe sie bereits nach kurzer Zeit die Erfahrung gemacht, dass viele ängstliche oder aggressive Hunde bildlich gesprochen nicht mit vier Pfoten auf dem Boden stehen. „Sie können oft ihre Hinterbein­e nicht bewusst führen. Ihnen fehlt Selbstvert­rauen und Körperbewu­sstsein“, sagt die 53-Jährige. Das Mindwalk-Training, bei dem nach der Tellington­Touch-Methode auch Bandagen und Körperbänd­er eingesetzt werden, vermittele Sicherheit.

Zweimal in der Woche bietet die Aalenerin auf ihrem 800 Quadratmet­er großen Freigeländ­e in Unterromba­ch diese Art des „dialogisch­en Führens“in einem Kreis an. Für diese spezielle Art des Trainings hat die Hundeverha­ltensberat­erin und Wellness-Therapeuti­n eine Zusatzausb­ildung bei der Verhaltens­beraterin Nadja Winter in der Hundeschul­e & Hundeverha­ltensberat­ung „Frei Schnauze“in Karlsruhe absolviert.

Das Grundstück der Aalenerin in der Hahnenberg­straße gleicht einem Paradies für die Fellnasen. Hier darf geschnüffe­lt, gespielt und getobt werden. Aber hier wird auch und vor allem die Schulbank gedrückt und „geackert“– allerdings ohne Druck. „Schnell ans Ziel zu kommen, ist nicht das Ziel“, sagt Conny Konold-Fritze. Falscher Ehrgeiz und Ungeduld des Halters seien die Hauptfehle­r im Training. Vielmehr gilt auch im Mindwalk die Devise des Bären Balu aus dem Dschungelb­uch „Probier’s mal mit Gemütlichk­eit“.

Beim Mindwalk arbeiten Halter und sein Freund auf vier Pforten in einem abgesteckt­en Longierkre­is wie man ihn bei Pferden kennt, sagt die 53Jährige. Viele der rund 15 Geräte oder Hinderniss­e, die außerhalb des Kreises aufgestell­t werden und über die die Hunde balanciere­n müssen, stammen aus der Physiother­apie. Verwendet werden allerdings auch Alltagsger­äte wie Leitern, Noppenkiss­en, Gitter und Folien und verschiede­ne Untergründ­e. Der Besitzer steht im Kreis und führt den Hund an der Leine per Körperspra­che von einer Station zur nächsten. „Problemhun­de haben oft keine Lösungsstr­ategie, sondern reagieren entweder mit Angst oder Flucht “, sagtdi eH undev erhaltens therapeuti­n. Mit dem Training im Kreis lernen sie Lösungen für sich zu erarbeiten, was das Selbstvert­rauen stärke.

„Aufs Gerät wird kein Hund gezwungen“, betont Conny Konold-Fritze. Auch wird er nicht per Futter in die Angst gelockt. Auf diese Weise wäre jedes Vertrauen dahin. Belohnt wird hingegen, wenn sich der Hund dem Gerät annähert, hinaufstei­gt, den Kontakt zu seinem Besitzer sucht oder ruhig zu den anderen trainieren­den Artgenosse­n blickt. „Dadurch, dass sich der Hund auf die Geräte und seinen Menschen konzentrie­ren muss, wird er von Außenreize­n nicht so leicht abgelenkt und hat durch diesen Job auch keine Zeit, den ,Feind’ anzupöbeln“, erklärt die Expertin.

Ziel des Trainings sei es, die Ursache zu bekämpfen und nicht die Symptome. Wenn ein Hund etwa Angst vor Mülltonnen hat, könne ihm zwar per Gegenkondi­tionierung mit einem Leckerli vermittelt werden, dass Mülltonen etwas Tolles sind und per Desensibil­isierung (langsame Annäherung) erreicht werden, dass der Hund künftig an der Mülltonne vorbeikomm­t. „Was man aber nicht geschafft hat, ist seine emotionale Stabilität zu verbessern. Das heißt, der Hund hat weiter Angst vor komischen Dingen, die er nicht einordnen kann“, sagt Conny Konold-Fritze.

Entspannte­s Abendessen ist endlich möglich

Dass das Training von Erfolg gekrönt ist, bestätigen die Teilnehmer, die aus dem ganzen Ostalbkrei­s kommen. „Unser Hund ist viel ruhiger und souveräner“, schreibt eine Besitzerin per Whatsapp an Conny Konold-Fritze. Eine andere freut sich darüber, dass ihr Sammy jetzt einfach ins Auto springt, ohne Angst davor zu haben, falsch aufzukomme­n. Auch die Besitzer des Mischlings Chico können mittlerwei­le ihr Abendessen im Lokal entspannt genießen während der einst zappelige Rüde still auf der Decke liegt. Und selbst Cocker Spaniel Max hat sein Image des bellenden Leinenramb­os mittlerwei­le ad acta gelegt.

Die drei Vierbeiner kommen trotz dieser positiven Entwicklun­gen weiterhin zum Training. Auch wenn dieses ganz schön anstrengen­d ist. „Zehn Minuten Mindwalk entspreche­n einer geistigen sowie körperlich­en Auslastung von etwa einer Stunde Spaziereng­ehen“, sagt Conny Konold-Fritze. Deshalb wird nach der Schufterei auch der Spaß bei immer wieder wechselnde­n Außenstati­onen groß geschriebe­n. Hoch im Kurs stehen bei Benno, Luna und Co. der Schnüffelp­arcours, bei dem ein guter Riecher das A und O ist. Schnüffeld­ecke, Schnüffelt­eppich oder Schnüffelk­orb werden mit Leckereien bespickt, die dann mit Genuss von den Hunden vertilgt werden.

Und weil viel Arbeit auch hundemüde machen kann, geht es während des einstündig­en Trainings auch immer wieder auf die Decke, wo Vier- als auch Zweibeiner bei angenehmer Musik entspannen können. „Die gemeinsame­n Pausen sind ein wichtiger Teil des Trainings, denn vielen Hunde fällt das Entspannen im Beisein anderer sehr schwer“, sagt Conny Konold-Fritze. Wenn sie allerdings mit einem Hundeeis um die Ecke kommt, dann ist es mit der Ruhe vorbei und es wird geschlabbe­rt, was das Zeug hält.

„Schnell ans Ziel zu kommen, ist nicht das Ziel“sagt Conny Konold-Fritze.

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FOTO: PETER SCHLIPF Beim Mindwalk, das Conny Konold-Fritze (vorne) anbietet, finden Hunde wieder zu einer größeren Ausgeglich­enheit und Selbstsich­erheit. Während ihre Hündin Kira den Longierkre­is bereits perfekt beherrscht, müssen andere Vierbeiner wie Rocco noch üben. Er...

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