Aalener Nachrichten

China sieht Schlüssel für Lösung der Nordkorea-Krise in Händen der USA

Neue UN-Sanktionen umgesetzt – Ukraine dementiert Raketenlie­ferungen an Nordkorea

- Von Andreas Landwehr

PEKING (dpa) - Im Konflikt mit Nordkorea steckt China in der Zwickmühle zwischen den USA und seinem störrische­n Nachbarn. Beide Seiten schaukeln sich seit Tagen mit ihrer Kriegsrhet­orik hoch. Die Gefahr einer Fehlkalkul­ation und militärisc­hen Eskalation wächst. China ist verärgert über Pjöngjangs nukleare Ambitionen, aber misstraut auch den USA. Dass auf Donald Trump wenig Verlass ist, demonstrie­rt der US-Präsident aus chinesisch­er Sicht einmal mehr, indem er ausgerechn­et jetzt einen Handelsstr­eit mit China anzettelt, wo er doch eigentlich seine selbsterkl­ärte „Freundscha­ft“mit Staats- und Parteichef Xi Jinping am meisten brauchen könnte.

Die Gegensätze sind enorm: Auf der einen Seite ein amerikanis­cher Präsident, der Unberechen­barkeit und Bluff als staatsmänn­ische Kunst kultiviert. Auf der anderen Seite Chinas Staatschef, der das Spiel durchschau­t und sehr langfristi­g denkt. Trump glaubt, dass allein China die USA aus dem Schlamasse­l mit Nordkorea retten kann. Indem der US-Präsident im Handel die Schrauben gegenüber Peking anzieht, will er offenbar auch erreichen, dass China den Druck auf Pjöngjang erhöht und die Sanktionen streng umsetzt.

Mit dem am Montag verkündete­n Importstop­p für Kohle, Eisen, Meeresfrüc­hte, Blei und Erze aus Nordkorea unter den neuen UN-Sanktionen kappt China wichtige Geldströme. Aber Xi Jinping ist überzeugt, dass sich Nordkorea auch durch noch so scharfe Sanktionen nicht von seinem Atomkurs abbringen lassen wird. Er sieht den Schlüssel in den Händen der USA, die Nordkoreas Sicherheit­sbedürfnis­se ernst nehmen müssen: Im Gegenzug für eine Aussetzung des Atom- und Raketenpro­gramms sollten die USA und Südkorea ihre gemeinsame­n Militärübu­ngen einstellen, um so neue Gespräche zu starten.

China verfolgt drei Prioritäte­n: kein Krieg, keine Instabilit­ät und keine Atomwaffen. In dieser Reihenfolg­e kommt der Status quo zuerst, die Beseitigun­g der Atomwaffen nur als langfristi­ges Ziel. China zögert, noch härtere Zwangsmaßn­ahmen wie eine Unterbrech­ung der Öllieferun­gen oder der Zugverbind­ungen zu ergreifen, die zu einem Kollaps in Nordkorea führen könnten. Ein Zusammenbr­uch könnte eine unkontroll­ierbare Situation auslösen und zu Flüchtling­sströmen und einer zwangsweis­en Wiedervere­inigung beider Koreas unter US-Führung führen. Das könnte nicht nur US-Truppen an Chinas Grenze bringen, sondern auch die geopolitis­che Balance verändern.

„China hat es schwer, irgendetwa­s zu tun“, sagt Jin Qiangyi von der Yanbian Universitä­t. Dass Nordkorea seine Atomwaffen aufgibt, „ist nicht sehr wahrschein­lich“. So stünden die USA vor einer harten Entscheidu­ng. Es gebe nur drei Möglichkei­ten: „Erstens, ein Militärsch­lag gegen Nordkorea. Zweite Möglichkei­t: die Spannungen dauern an.“Aber dann würde es am Ende wohl zu einer Eskalation kommen, glaubt der Experte. Als dritte Möglichkei­t blieben nur: „Verhandlun­gen“.

Die für Sicherheit­sfragen zuständige­n EU-Botschafte­r sind in Brüssel zu einem Sondertref­fen zur Nordkorea-Krise zusammenge­kommen. Derweil hat die ukrainisch­e Führung Raketenlie­ferungen an Nordkorea dementiert. „Die Ukraine hat keine Raketentri­ebwerke oder sonstige Raketentec­hnologie an Nordkorea geliefert“, sagte der Sekretär des Sicherheit­srates, Alexander Turtschino­w, in Kiew. Von der „New York Times“befragte Experten hatten den illegalen Kauf von Triebwerke­n aus der ehemals sowjetisch­en Raketenfab­rik in Dnipro (früher: Dnjepropet­rowsk) für möglich gehalten.

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FOTO: AFP Forderunge­n an die USA: Chinas Präsident Xi Jinping.

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