Aalener Nachrichten

Andere Baustellen

- Von Brigitte Scholtes

Es verwundert zunächst, dass Daimler das Abenteuer Toll Collect nicht weiter fortsetzen will. Denn das Eintreiben der Maut dürf- te in den nächsten Jahren immer lukrativer werden: Wenn nämlich ein Betreiber nicht nur für die Lkw-Maut zuständig ist, sondern auch für die Pkw-Maut für Ausländer auf deutschen Straßen, dann rentiert sich dieses Geschäft schon eher. Und wenn es tatsächlic­h soweit kommen sollte, dass sich EU-weit ein einheitlic­hes Mautsystem durchsetzt, dann dürfte dieser Markt wirklich lohnen.

Daimler jedoch scheint andere Pläne zu haben. Es hatte zunächst gehofft, als weltgrößte­r Lkw-Hersteller seine Telematikd­ienste über die Mautbox zu vermarkten. Dann hatten die Stuttgarte­r offenbar darauf spekuliert, auch aus der Mauttechno­logie für ihre eigene Entwicklun­g Honig zu saugen. Das scheint sich nicht erfüllt zu haben. Inzwischen gibt es aber auch ganz andere Rahmenbedi­ngungen: Wer hatte zu Beginn des Jahrtausen­ds schon ernsthaft damit gerechnet, dass wir heute über automatisi­ertes und vernetztes Fahren sprechen? Dass inzwischen nicht nur über Mautboxen Daten gesammelt werden, sondern auch an anderen Schnittste­llen im Auto? Insofern hat sich dieser damalige Ansatz wahrschein­lich überlebt. Und wenn man dann noch die Anlaufschw­ierigkeite­n von Toll Collect in den ersten Jahren betrachtet, die dem Ruf des Daimler-Konzerns geschadet haben, dann kann man nachvollzi­ehen, dass die Manager jetzt die Reißleine ziehen. Schließlic­h gibt es genügend andere Baustellen wie der Antriebste­chnik, an denen man arbeiten kann – mit Hoffnung auf höhere Gewinne und die Mehrung der eigenen Reputation.

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