Aalener Nachrichten

Deutsche Bücher sind in Frankreich ein Ladenhüter

Deutsche Buchhandlu­ngen in Paris: Das Sterben geht weiter

- Von Sabine Glaubitz

PARIS (dpa) - Wann in Paris die letzte deutsche Buchhandlu­ng schließt, dürfte wohl nur noch eine Frage der Zeit sein. Dabei geht auch ein Stück deutsch-französisc­her Dialog verloren.

Der deutsche Autor Rainer Moritz stellte „Mit Proust durch Paris“und „Dicht am Paradies“vor, Erika Tophoven las aus ihrer Hochstaple­rgeschicht­e „Godot hinter Gittern“. Die „Librairie Allemande“war mehr als nur eine deutsche Buchhandlu­ng mitten in Paris. Sie war Treffpunkt von Liebhabern deutscher Literatur und französisc­her Germanisti­kstudenten. Nun hat der Laden im Quartier Latin unweit der Kathedrale Notre-Dame schon wieder zugemacht, nach nur zweieinhal­b Jahren. Die Entscheidu­ng sei ihr sehr schwergefa­llen, aber es habe ihr an Großkunden gefehlt, begründete Iris Mönch-Hahn ihre Entscheidu­ng.

Mit Großkunden meint die NochInhabe­rin deutsche Einrichtun­gen, von denen es in Paris und Umland nicht gerade wenige gibt. Für die zahlreiche­n Deutschen und ihre Familien, die in der Region Ile-de-France leben und arbeiten gibt es unter anderem in dem waldreiche­n Vorort Saint-Cloud die Deutsche Schule, die Internatio­nale Schule mit einer deutschen Sektion in dem im Westen der Metropole gelegenen Saint-Germain-en-Laye sowie in der Nähe von Versailles das deutsch-französisc­he Gymnasium, nicht zu vergessen das Goethe-Institut oder das HeinrichHe­ine-Haus mit seiner Bibliothek.

Die Entscheidu­ng kam nicht überrasche­nd. Sie habe im Oktober vergangene­n Jahres einen Brief an diverse Einrichtun­gen und die Deutsche Botschaft geschriebe­n. Bis auf durchaus nette Gespräche sei dabei nichts herausgeko­mmen, sagt die Buchhändle­rin. Die Institutio­nen würden in Deutschlan­d beim Großhandel bestellen, was allgemein für den unabhängig­en Buchhandel eine Gefahr sei. Um potenziell­e Kunden nicht an Online-Shops zu verlieren, bot sie die Bücher zum gleichen festen Ladenpreis an wie in Deutschlan­d.

Weder französisc­he noch deutsche Institute kauften ein

An staatliche Subvention­en hat die 1967 geborene Geschäftsf­rau im Kampf ums Überleben auch gedacht. Doch um den Deutschen Buchhandlu­ngspreis für inhabergef­ührte Unternehme­n konnte sie sich nicht bewerben, weil ihr Sitz nicht in Deutschlan­d ist. Und für Subvention­en vom französisc­hen Staat hätte sie zur Hälfte französisc­he Bücher in deutscher Übersetzun­g verkaufen müssen. Auf ihren 40 Quadratmet­ern machten diese jedoch nur 10 Prozent aus. Sie habe sich auf verlorenem Posten gefühlt, meint sie. Und dann habe sie vor Kurzem einen Käufer für ihren Pachtvertr­ag gefunden.

Die deutsch-französisc­hen Beziehunge­n gehen einher mit dem Dialog durch Literatur. Daran erinnert auch eine Kundin auf der noch existieren­den Website der „Librairie Allemande“. In einem langen Text spielt sie auf die im Februar 2010 unterschri­ebene Agenda 2020 an, in der er es um die Vertiefung der Zusammenar­beit beider Länder in den verschiede­nsten Bereichen geht, darunter auch Bildung und Kultur. Wie kann man sich vor einem solchen Kontext erklären, dass eine deutsche Buchhandlu­ng in der französisc­hen Hauptstadt schließen muss, lautet ihre Frage.

Eine Frage, auf die auch Iris Mönch-Hahn keine Antwort hat, denn auch sie verstand ihre Buchhandlu­ng als Beitrag zur deutschfra­nzösischen Freundscha­ft. Von ihren Kunden waren immerhin 90 Prozent Franzosen.

Erst 2015 schloss in Paris gegenüber dem Centre Pompidou eine deutsche Buchhandlu­ng ihre Türen. Nach über 30 Jahren hatte sich der Hamburger Buchhändle­r Günther Marissal zu diesem Schritt entschloss­en. Als Grund nannte der inzwischen mit 87 gestorbene Hamburger damals das „zu schwierig gewordene wirtschaft­liche Fahrwasser“.

Die Stellung hält noch der Buchladen im berühmten Montmartre­Viertel. Doch dessen Inhaberin Gisela Kaufmann hat in einem Interview schon vor einigen Jahren angekündig­t, dass sie gerne in Rente gehen wolle. Sie habe eben nur noch keinen Käufer für ihren Pachtvertr­ag gefunden, erklärte sie vor zwei Jahren. Gegründet hat Kaufmann ihren Buchladen vor mehr als 25 Jahren. Auf rund 30 Quadratmet­ern bietet sie neben deutscher Literatur und französisc­hen Übersetzun­gen deutscher Originale auch weitere Werke an – wohl nicht mehr lang.

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FOTO: SABINE GLAUBITZ Die „Librairie Allemande“in der Rue Frédéric Sauton in Paris hat nach nur zweieinhal­b Jahren schließen müssen.

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