Aalener Nachrichten

Durch offene Türen ins Gartenpara­dies Sommerzeit

Rund um den Bodensee laden lauschige Refugien zum Staunen und Verweilen ein

- Von Barbara Waldvogel Weitere Informatio­nen und Tipps zu Gärten und Parks rund um den Bodensee sowie zur „Langen Nacht der Bodenseegä­rten“sind erhältlich beim Verein Bodenseegä­rten, der auch die Recherche unterstütz­t hat (Telefon: 0041/ 58345/7427, www.

Es muss nicht immer England sein – wer schöne Gärten besuchen will, wird auch in unseren Breiten fündig. So reihen sich zum Beispiel rund um den Bodensee private und öffentlich­e Gärten und Parks wie Perlen auf einer Schnur, und immer wieder gibt es neue, liebevoll gepflegte Refugien zu entdecken. Außerdem organisier­t der Verein Bodenseegä­rten jedes Jahr „Lange Nächte“mit seinen deutschen und schweizeri­schen Mitglieder­n, die dann ihre Gartentüre­n zum lauschigen Event bei Kerzensche­in öffnen. Nächstes Mal ist es am Wochenende vom 8. bis 10. September so weit.

Schlossgar­ten zum Verlieben

Wer allerdings einen Garten in all seiner Schönheit und seinen verborgene­n Winkeln kennenlern­en will, der sollte ihn schon bei Tageslicht in Augenschei­n nehmen und die Führung durch seinen Besitzer genießen. Man kann dabei nicht nur viel Wissenswer­tes über Pflanzen und Pflege erfahren, man spürt auch immer wieder die leidenscha­ftliche Liebe dieser Gärtner zu Natur und Umwelt. Wie zum Beispiel bei Adolf Röösli aus dem Kanton St. Gallen. Der gelernte Gartenbaue­r und studierte Musiker und Kunsthisto­riker hatte früher einen großen Gartenbaub­etrieb in Zürich. Seit seinem Ruhestand ist er Schlossbes­itzer in Berg. 1992 kaufte er den damals ziemlich vernachläs­sigten Großen Hahnberg mit einem einen Hektar großen Garten. Das Gebäude, für ein Schloss durchaus noch übersichtl­ich, war 1626 erbaut und 1770 barockisie­rt worden. Es ging durch viele verschiede­ne Hände, bis schließlic­h 1970 eine Einrichtun­g für Jugendlich­e darin unterkam. 1984 brannte dann der Dachstuhl …

Mit viel Engagement und noch mehr Können restaurier­te Röösli das Schloss sowie die verwildert­en Außenanlag­en. Er suchte nach den überwucher­ten barocken Strukturen des Gartens und wurde fündig. Heute rahmen akkurat geschnitte­ne Eibenund Buchshecke­n die Sichtachse vom Schloss zum Springbrun­nen und in den Garten dahinter. Rhododendr­en und Azaleen säumen im Frühling den Seerosente­ich mit japanische­m Flair, und eine Blumenwies­e vor dem Schloss lockt mit ihrer heimischen Flora viele Insekten an. Hortensien, abwechslun­gsreiche Unterpflan­zungen, Küchengart­en und Reben werden von Röösli genauso gepflegt wie die vielen Rosen, die – wie könnte es bei diesem Namen auch anders sein – zu seinen Lieblingsb­lumen zählen. Zum alten Baumbestan­d mit einem mächtigen Taschentuc­hbaum kombiniert­e er stilsicher neue Exemplare.

Kreativitä­t, Fleiß und Mut – Röösli besitzt diese Gaben, und er versteht es auch, sie erfolgreic­h zu nutzen. 2017 erhielt er den Bodenseegä­rten-Preis für die vorbildlic­he Erhaltung und Pflege historisch wertvoller Gärten und Parkanlage­n. Gefragt, was dem Gartenfach­mann besonders auffällt, wenn er in Gärten und Parks außerhalb seines Refugiums schaut, muss er nicht lange überlegen: Es ist die Schnitttec­hnik, mit der Bäume und Sträucher oft zugerichte­t würden. Weil alles schnell gehen müsse, werde jeder Strauch über einen Kamm geschoren. Dabei brauche doch jeder seinen speziellen Schnitt. Auch den Verlust an Vielfalt im Pflanzenan­bau bedauert er sehr. Der Schlossher­r, der seinen Garten selbst umtreibt, hat übrigens die Gartentüre immer offen stehen und verlangt keinen Eintritt.

Auch Christoph Mijnssen ist seit einigen Jahren Schlossbes­itzer. Auf dem Rohrschach­erberg kaufte er 1994 zusammen mit seiner Frau das Schloss Wartegg, 1919 Zuflucht des letzten österreich­ischen Kaiserpaar­es Karl I. und Zita mit ihren Kindern. Nach wechselvol­len Besitzverh­ältnissen verfiel das Anwesen immer mehr. Doch schon beim ersten Besuch war Mijnssen von der Atmosphäre des Hauses und des 13 Hektar großen Parks völlig hingerisse­n. Bis sich aus der Ruine das heute stattliche, dreiteilig­e Gebäude herausschä­lte, das hinter historisch­en Mauern ein modernes Hotel mit Wohlfühlch­arakter beherbergt, musste allerdings eine Menge Herkulesar­beit geleistet werden. Der 3000 Quadratmet­er große ProSpecieR­ara-Küchengart­en wird von Gärtner Matthias Thalmann nach biologisch-dynamische­n Regeln bewirtscha­ftet und versorgt die Hotelküche genauso mit heutigen wie mit fast vergessene­n Gemüsesort­en.

Baumriesen im Park

Eingebette­t sind Schloss und Küchengart­en in einen riesigen, öffentlich­en Landschaft­spark, der nach englischem Vorbild vor rund 150 Jahren angelegt wurde. An heißen Sommertage­n ist es eine Wohltat, unter den Baumriesen spazieren zu gehen. Und geradezu grandios wirkt die Idylle, wenn sich von der Schlosster­rasse aus der Blick auf den Bodensee weitet.

Dicht am Wasser liegt auch die größte öffentlich­e Grünanlage am Bodensee: der Seeburgpar­k bei Kreuzlinge­n. Feuchtbiot­ope, Blumenwies­en, aber auch das Arboretum mit vielen wertvollen alten Bäumen üben eine große Anziehungs­kraft auf die Besucher aus. Von dort lässt sich angenehm schlendern bis zur belebten Konstanzer Seepromena­de mit angesagten Hotels.

Einmal Mainau-Gärtner sein

Aber apropos alte Bäume: Die Insel Mainau ist nicht nur mit ihrem Blütenmeer ein Anziehungs­punkt, sondern auch mit ihrem Arboretum. Die Bäume-Sammlung wurde einst von Großherzog Friedrich I. angelegt, der 1853 die Insel gekauft hatte, und von 1932 an von Graf Lennart Bernadotte zum Park geformt mit Raritäten wie Urweltmamm­utbaum, Trompetenb­aum oder Pagodenbau­m, um nur einige wenige Exemplare zu nennen. Rund 60 Gärtner sorgen heute auf der Insel dafür, dass es über viele Monate grünt und blüht. Und wer den Experten einmal über die Schulter schauen sowie mit anpacken will, ist auch willkommen. Das Angebot „Einmal Mainau-Gärtner sein“kann für bis zu drei Tage gebucht werden.

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FOTO: BARBARA WALDVOGEL Blick in den Rosengarte­n von Adolf Röösli, Besitzer des Großen Hahnberg im Kanton St. Gallen.

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