Aalener Nachrichten

Unwillkomm­ene Mitbewohne­r nehmen zu

Im Ostalbkrei­s wurden knapp hundert Waschbären mehr als im Vorjahr erlegt

- Von Eva-Marie Mihai

AALEN - Sie kamen über Nacht – und sind unerwünsch­ter denn je. Die Rede ist von Waschbären, allem Anschein nach ist die Population in Wasseralfi­ngen besonders groß. Dort wird der langjährig­e Jäger Alfred Roder des öfteren angerufen und gebeten unerwünsch­te Besucher zu entfernen. Vermehrt handelt es sich dabei um Waschbären. „Seit zwei Jahren sind die Tiere hier in der ganzen Siedlung bemerkbar“, sagt Roder.

Wird er von einem unfreiwill­igen Gastgeber zu einem solchen Einsatz gerufen, kann er aber nicht viel machen. Erschießen darf er die Tiere im Wohngebiet nicht. Erst kürzlich habe es eine Anfrage beim Landratsam­t gegeben, ob es erlaubt sei, die Tiere zu fangen und auf eigene Kosten zu kastrieren. Das Landratsam­t habe im Hinblick auf die Jagd- und Schonzeit verneint, erzählt Roder. „Ich weiß auch nicht, wie man die Tiere fangen sollte und impfen oder eine Antibaby-Pille geben, wie es manche fordern.“

Auffällig sei auch die Stelle auf der K 3311 zwischen Hüttlingen und Wasseralfi­ngen. Dort werde er oft zu Wildunfäll­en mit Waschbären gerufen, erzählt Roder. An der Stelle trennt die Straße das Waldgebiet vom Kocher, offenbar ein belebter Waschbären­weg.

Jäger haften nicht für Waschbär-Schäden im Feld

Ein großes Problem seien riesige Schäden, die Waschbären oft in Feldern hinterließ­en, sagt Roder. Er sieht den Unterschie­d sofort, ob ein Wilschwein im Feld sein Unwesen getrieben hat, oder ob es Waschbären waren. „Waschbären knicken die Stängel um, Wildschwei­ne gehen von unten an die Pflanzen und reißen sie aus.“Der Unterschie­d dabei: Bei Schäden, die ein Wildschwei­n verursacht hat, haftet der Jäger, bei Waschbären nicht.

Außer die Landwirte belästigen Waschbären aber auch andere Tiere. Dieses Jahr gibt es zum ersten Mal seit langem keine Wildentenj­unge am Kocherufer, sagt Roder. Einen Umstand, den er auf die hohe Waschbären­population zurückführ­t - die Tiere sind Allesfress­er, neben Essensrest­en, Obst, Nüssen genehmigen sie sich auch mal ein Kleintier. Oder in diesem Fall deren Eier. „Der Waschbär ist gern am Wasser am Kocher, da räumt er dann nachts die Nester aus“, sagt Roder. Auch junge Feldhasen haben gegen Waschbären keine Chance, sagt Roder. Die Artenvielf­alt werde bedroht.

Die Tiere wurden einst von NordAmerik­a in Europa eingeführt: „Das ist der typische Fall von Felltieren, die hier eingeführt und gezüchtet und dann irgendwann freigelass­en wurden“, sagt Andreas Mosslehner vom BUND.

Bejagen bringt nichts: Tiere produziere­n mehr Nachwuchs

Wenn man eine solche Population nicht frühzeitig eingrenze, sei nichts mehr zu machen. „Mittlerwei­le gehören die einfach zu unserem Artenspekt­rum dazu“, sagt Mosslehner. „Es ist illusorisc­h zu sagen, man verjagt die.“So sieht es auch Jäger Roder, ohnehin seien die Tiere kaum zu fassen. Sie sind nachtaktiv und oft im Ortskern unterwegs, wo die Jagd im Jägerjargo­n „ruht“. Außerdem sei auch eine Jagd mit dem Hund sinnlos, weil Waschbären auf Bäume klettern oder sich in Straßendol­en verstecken. Schicke man da einen - im Zweifel leichteren Jagdhund hinterher, könne es gut sein, dass Waschbären den Hunden das Gesicht zerkratzen, sagt Roder. Im vergangene­n Jagdjahr hat er sechs der etwa zehn Kilo schweren Tiere geschossen. Insgesamt wurden im Ostalbkrei­s im vergangene­n Jagdjahr 456 der Tiere erlegt, 2015/16 waren es noch 369.

Überhaupt sei es ineffektiv die Tiere zu erschießen, sagt Mosslehner. „Wenn man sie bejagt, produziere­n die mehr Nachkommen.“Im Bestand ändere sich dann letztendli­ch nichts. Die Natur regle das eigentlich selbst, allerdings habe der Waschbär hier keine natürliche­n Feinde. „Deshalb wäre es gar nicht so schlecht, wenn auch der Wolf wiederkäme oder Luchse oder andere Wildkatzen“, sagt Mosslehner. Damit käme man dem Ziel der Rückkehr der Tierarten ein Stück näher.

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FOTO: PETER SCHLIPF Daniel Riedrich von der Aalener PR-Agentur Döhring hat am Montag damit begonnen, die Schriftzüg­e der Mieter des künftigen „Kubus Aalen am Markt“an der Fassade des Gebäudes anzubringe­n. Am 31. August öffnet der neue Magnet im Süden seine Pforten.
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FOTO: LENHARD KLIMEK/DPA Possierlic­h sind sie – keine Frage. Ihr Bestand ist aber nicht mehr kontrollie­rbar.

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