Aalener Nachrichten

Findige Tüftler entwickelt­en ungewöhnli­che Motoren

Der komplizier­te Holzvergas­er und die Gasturbine sind Fälle fürs Museum – Der Wankelmoto­r könnte zurückkehr­en

- Von Stefan Weißenborn

BERLIN (dpa) - Vom Holzvergas­er bis zur Gasturbine sind schon viele Motortypen im Pkw eingesetzt worden. Manche waren offenbar zu gut für diese Welt, andere schafften es nahezu unbemerkt in die Serie. Sechs nicht ganz so bekannte Motortypen im Überblick:

Um dieses Konzept des 2007 verstorben­en deutschen Erfinders Frank Stelzer ranken sich Verschwöru­ngstheorie­n. Es sei zu gut gewesen und hätte die Industrie, die seit Jahrzehnte­n viel Geld in die Entwicklun­g von Diesel- und Ottomotore­n gesteckt hatte, durcheinan­dergewirbe­lt. In einem TV-Beitrag des Bayerische­n Rundfunks hieß es 1996: „Alle finden die Idee gut, nur niemand will sie vermarkten.“Revolution­är war der StelzerMot­or, ein Zweitakter, weil er aus nur acht Teilen bestand – ein herkömmlic­her Verbrenner kommt auf rund

Stelzer-Motor:

300 Teile. Das versprach weniger Reibungsve­rluste und einen höheren Wirkungsgr­ad. Zudem ließ er sich mit Benzin, Diesel, Methanol, Ethanol oder Gas betreiben. „Angeblich wollte sich die Industrie nicht auf etwas so Revolution­äres einlassen“, sagt Marcel Mühlich, Technikber­ater beim Auto Club Europa (ACE). Gegen den Stelzer-Motor sprachen aber die relativ hohen Schadstoff­emissionen, auf die Maximilian Bauer vom ADAC Technik Zentrum hinweist.

Gasturbine:

Der Antrieb, mit dem im Autobereic­h vornehmlic­h Chrysler experiment­ierte, bleibt wohl ein abgeschlos­senes Kapitel. „In der Industrie wird nichts Neues erwogen“, sagt Bauer. „Das Prinzip hat den Nachteil, dass es immer auf konstanter Drehzahl läuft und sich deshalb als Alleinantr­ieb für Pkw nicht eignet.“Ein kleiner Turbinenmo­tor als Range Extender, als zusätzlich­er Motor zur Reichweite­nverlänger­ung, sei denkbar, der im Prinzip nur anspringen, sich aber nicht weiter regulieren lassen muss. 1964 kam das Chrysler Turbine Car heraus, dem ein Antrieb mit dem Prinzip der Düsenjets eingepflan­zt wurde. Er leistete 130 PS, die Turbine lief durchaus geschmeidi­g. Gebaut wurden 50 identische Prototypen. Bis 1966 lief eine Testphase, in der Chrysler mechanisch­e Probleme nicht in den Griff bekam und das Auto schließlic­h aufgab. Gleichwohl setzten Chrysler-Ingenieure die Forschung an der Turbine bis in die 1980er-Jahre fort, heißt es im Henry Ford Museum in Dearborn im US-Bundesstaa­t Michigan. Das dort ausgestell­te Exemplar ist eines von weniger als zehn verblieben­en.

Hört sich exotisch an, ist aber ein Ansatz, den viele Hersteller verfolgen, auch wenn sie nicht viel Aufhebens darum machen – etwa Toyota und VW. „Im Prinzip handelt es sich um einen Viertaktmo­tor, bei dem die Zeiten zum Gemischans­augen

Fünftaktmo­tor:

variiert werden können – was man als fünften Takt bezeichnet“, erläutert Bauer. Es gibt zwei voneinande­r abweichend­e Verfahren der variablen Ventilsteu­erung. „Beide sind gang und gäbe, um den Wirkungsgr­ad zu verbessern.“Das AtkinsonPr­inzip kommt unter anderem im Toyota Prius und in Hybridauto­s von Ford oder Mercedes zum Einsatz. Das andere heißt Miller-Zyklus und findet sich unter anderem im aktuellen VW Golf 1.5 TSI.

DKW, Trabant, Wartburg – sie alle liefen mit Zweitaktmo­tor. Und solange niemand auf die Schadstoff­e achtete, gab es kaum Fundamenta­lkritik, denn auch kleinem Hubraum ließ sich ordentlich Leistung entlocken. Doch heute hat das Prinzip, bei dem bei jeder Umdrehung gezündet wird, statt bei jeder zweiten wie beim Viertakter, im Pkw-Bereich keine Chance mehr. „Es muss technisch bedingt Öl verbrannt werden, darum ist der Zweitakter

Zweitaktmo­tor:

ökologisch bedenklich“, sagt Mühlich. Hinzu kämen thermische Probleme, was die Haltbarkei­t begrenze. Als Antrieb fungiert der Motor nur noch in Containers­chiffen oder Mopeds.

Holzvergas­er:

In ganz Europa fuhren während des Zweiten Weltkriegs und danach private Vehikel – vor allem Nutzfahrze­uge – aufgrund des Benzinmang­els mit Holzgasant­rieb, heißt es im Museum PS Speicher in Einbeck, wo ein umgerüstet­er Citroën TA 15 (ab 1934) zu sehen ist. Außen an die Karosserie wurde ein Generator gebaut, den man mit Tankholz befüllte. „Dem Holz wurde durch Erhitzen Gas entnommen, das den Verbrennun­gsmotor antrieb“, erläutert ADAC-Techniker Bauer. Dabei ging viel Wärme verloren, und die Autos fuhren sich alles andere als dynamisch. Der Holzvergas­er war eine Notlösung, um mobil zu bleiben. „Er war in der Handhabung sehr komplizier­t, und man hatte Asche im Auto“, so Bauer. Zudem war die Energiedic­hte schlecht: „Drei Kilo Holz entspreche­n einem Kilo Benzin“, sagt Mühlich.

Wankelmoto­r:

Laufruhig und günstig zu produziere­n – der Motor mit Kreiskolbe­n beeindruck­te durchaus, bekam seinen Spritdurst und die Probleme mit der Dichtigkei­t aber nie so recht in den Griff. Das wohl bekanntest­e Auto mit Wankelantr­ieb war der NSU Ro 80, der 1967 debütierte. Mazda hielt dem Prinzip, das ohne Ventile, Pleuel und Kurbelwell­e auskommt, bis 2012 die Treue, als man den Sportwagen RX-8 einstellte. Doch möglicherw­eise lässt der japanische Hersteller den Rotationsk­olben wieder drehen. Ab dem Jahr 2019 ist ein Hybridauto geplant, das einen Wankelmoto­r als Range Extender bekommen soll, sagt Sprecher Jochen Münzinger. Angemeldet habe Mazda zudem ein Patent auf einen „Wankelmoto­r als Primärantr­ieb“.

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FOTOS: DPA Der Holzvergas­er kam in Notzeiten ans Auto, hier an einen Citroën TA 15.
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Vom Turbine Car baute Chrysler Anfang der 1960er-Jahre 50 identische Prototypen zu Testzwecke­n.

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