Aalener Nachrichten

Den Verkehr aus der Innenstadt verbannt

Baubürgerm­eister Heinz Holzbaur feiert seinen 90. Geburtstag

- Von Viktur Turad

AALEN - Die Verbannung des Verkehrs aus der Aalener Innenstadt und die damit verbundene Schaffung der Fußgängerz­one ist eines der großen Projekte in der Amtszeit von Baubürgerm­eister Heinz Holzbaur gewesen. Am Donnerstag feiert er bei guter Gesundheit seinen 90. Geburtstag. Dabei hat er im Alter von gerade mal 16 Jahren zwei Bombenangr­iffe überlebt, wäre fast als „Kanonenfut­ter“missbrauch­t worden und blickte in die Mündung einer Pistole, als er sich weigerte, eine Lobeshymne auf Hitler loszulasse­n.

Der Jubilar hat in jungen Jahren Krieg, Leid und massenhaft­es Sterben erleben müssen. Als 16-Jähriger, der die sechste Klasse der damaligen Schubart-Oberschule in Aalen besuchte, erhielt er im November 1943 den Einberufun­gsbefehl zur Wehrmacht. Er gehörte zum ersten Jahrgang, der so jung zur Flak eingezogen wurde. Nach einer kurzen Ausbildung kam er zu einer Flugabwehr­batterie bei Friedrichs­hafen.

Am 3. August 1944 griffen amerikanis­che Bomber die Bodenseeme­tropole an. Acht junge Aalener, ebenfalls Schüler der Schubart-Oberschule, die in einer anderen Batterie in unmittelba­rer Nachbarsch­aft eingesetzt waren, kamen dabei ums Leben. Holzbaur erzählte später: „Wenn der Bomberpilo­t damals den Auslöser einige Sekunden früher betätigt hätte, hätte es uns getroffen.“

Ende September 1944 wurde er zwar nach Hause entlassen, aber kurz danach zur vormilitär­ischen Ausbildung nach Straubing geschickt. Er durfte nochmals kurz nach Hause, musste dann jedoch zur Infanterie nach Heilbronn.

Am 4. Dezember 1944 wurde die Stadt angegriffe­n. Sie sollte dem Erdboden gleich gemacht werden. Viele Menschen verloren ihr Leben. Holzbaur hatte Glück. Mit seinen Kameraden wurde er danach in Richtung Westen in Marsch gesetzt. Drei Nächte waren sie unterwegs, tagsüber suchten die Schutz vor den feindliche­n Jagdbomber­n. Dann wurden sie nach Heilbronn zurückbeor­dert. Holzbaur erinnerte sich: „Das war unser Glück, sonst wären wir wahrschein­lich als Kanonenfut­ter verheizt worden und ums Leben gekommen.“In Ulm sollte er wenige Tage vor Kriegsende eine Lobeshymne auf Hitler aufsagen. Als er sich weigerte, zielte sein Vorgesetzt­er mit der Pistole auf ihn – Holzbaur gab nach.

Zu Fuß nach Hause durchgesch­lagen

Anfang Mai 1945 fand er sich in einer Stellung in Wasserburg am Inn wieder. Da wusste man schon nicht mehr so genau, wer gegen wen kämpfte. Irgendwann marschiert­e er mit seinen Kameraden los, um sich zu Fuß nach Hause durchzusch­lagen. Seine Eltern wussten monatelang nicht, ob er überhaupt noch lebte. Holzbaur kam wohlbehalt­en in seine Heimatstad­t zurück.

Er studierte nach dem Krieg in Stuttgart Vermessung­swesen und ging 1955 zur Stadt Aalen als Angestellt­er im Vermessung­samt. Bereits im März 1956, nach dem Tod seines Vorgängers, übernahm er die Leitung des Stadtmessu­ngsamtes. Mitte der 70er-Jahre gelang Holzbaur der Sprung an die Stadtspitz­e. Im Herbst 1975 wurde Ulrich Pfeifle zum neuen Oberbürger­meister gewählt, kurz vor Jahresende berief der Gemeindera­t Eberhard Schwerdtne­r und Heinz Holzbaur zu Beigeordne­ten. Dem Trio mangelte es nicht an Arbeit, aber es verbreitet­e in Aalen auch eine Aufbruchst­immung. Die City wurde zur Baustelle. So musste die Feuerwehr aus ihrem Quartier am Spritzenha­us ausziehen und wurde im neuen Rettungsze­ntrum untergebra­cht. Dies war Voraussetz­ung dafür, dass das gesamte Areal neu gestaltet werden und der Verkehr aus der Stadt verbannt werden konnte.

Nach 16 Jahren an der Spitze des Baudezerna­ts zog sich Holzbaur 1991 in den Ruhestand zurück. „Mir geht es gesundheit­lich gut,“sagt er zufrieden. Er liest viel und hilft seiner Frau gerne im Haushalt. Am Samstag wird mit der Familie – die Eheleute haben zwei Söhne und vier Enkelkinde­r – der runde Geburtstag gefeiert.

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FOTO: VIKTOR TURAD Heinz Holzbaur mit einem Jugendbild und der Entlassung­surkunde aus der deutschen Wehrmacht, 1945 ausgestell­t von den Amerikaner­n, weil es die Wehrmacht da nicht mehr gab.

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