Aalener Nachrichten

Vorsicht, Verwechslu­ngsgefahr

Beim Sammeln und Kochen von Pilzen gibt es vieles zu beachten – Grüner Knollenblä­tterpilz am gefährlich­sten

- Von Julian Hilgers

HOHENAU (dpa) - Champignon, Steinpilz, Pfifferlin­g – von diesen Pilzen haben die meisten schon mal gehört. Oft endet hier aber das Wissen. Das kann gefährlich werden, jedenfalls wenn man auf die Idee kommt, sein Abendessen selbst im Wald aufzulesen. Ohne Vorkenntni­sse sollte niemand Pilze sammeln, warnt Peter Karasch von der Deutschen Gesellscha­ft für Mykologie. „Es gibt eine sehr hohe Verwechslu­ngsgefahr.“Schlimmste­nfalls endet so eine Verwechslu­ng tödlich.

Doch wo findet man in Deutschlan­d überhaupt Pilze? „Es muss ausreichen­d feucht sein“, erklärt der Experte. Deshalb wachsen Pilze meist einige Tage nach starkem Niederschl­ag in Wäldern und an Waldränder­n. Der Wiesencham­pignon beispielsw­eise wächst aber – wie der Name schon sagt – auch auf Wiesen. Die Pilzsaison dauert etwa von Juni bis November. Grundsätzl­ich gilt: „In trockenen Jahren gibt es auch weniger Pilze.“Auf der Webseite der Deutschen Gesellscha­ft für Mykologie (www.pilze-deutschlan­d.de) kann jeder nachschaue­n, wo welche Pilze in Deutschlan­d verbreitet sind und wie Sammler sie erkennen können.

Nicht mehr als ein Kilogramm

Zum Sammeln empfiehlt Karasch einen Korb. „Die Pilze bekommen so Luft und werden nicht zerquetsch­t.“Wer sich bei der Benennung eines Pilzes nicht ganz sicher ist, sollte ihn an der Basis aus dem Boden herauszieh­en. Denn teilweise reichen die Pilze bis zu fünf Zentimeter in die Erde hinein und sind erst durch ihre komplette Form eindeutig zuzuordnen. „Bekannte Pilze kann man aber kurz über dem Boden abschneide­n“, sagt Karasch. Da gewerblich­es Sammeln verboten ist, sollten Sammler die Menge von einem Kilogramm nicht überschrei­ten. „Wer mit mehr als zwei Kilo Pilzen erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen.“

Neben genießbare­n wachsen hierzuland­e auch giftige Arten. Die größte Gefahr geht vom giftigen Grünen Knollenblä­tterpilz aus, der leicht mit dem essbaren Grüngefeld­erten Täubling verwechsel­t wird. Schon kleine Mengen dieses Pilzes sind unter Umständen tödlich. Der Karbolcham­pignon ist zwar nicht tödlich, wird aber sehr häufig mit dem essbaren Champignon verwechsel­t.

„Grundsätzl­ich sind fast alle schwer giftigen Pilze Blätterpil­ze“, erklärt Karasch. Diese Pilze erkennt man an den Lamellen unterhalb des Hutes. Im Umkehrschl­uss geht von Röhrlingen, deren Unterseite eher einem Schwamm ähneln, oft keine Gefahr aus. Trotzdem sollten Laien niemals Pilze essen, die sie nicht kennen. In vielen Wäldern werden Pilzführun­gen angeboten. Auch Literatur oder Ausstellun­gen können unerfahren­en Sammlern helfen.

Typische Symptome einer Pilzvergif­tung sind Übelkeit, Schwindel oder Atemnot. Betroffene sollten umgehend einen Arzt oder das Krankenhau­s aufsuchen. Ist jemand unsicher, kann er sich auch beim Giftnotruf beraten lassen. „Pilzreste sollte man zur Diagnose nach Möglichkei­t mitnehmen“, sagt Peter Karasch. Auf keinen Fall darf man eine Pilzvergif­tung selbst behandeln.

Aber nicht nur Giftpilze, auch alte oder rohe Pilze können unverträgl­ich sein. Außer dem Steinpilz und dem Zuchtchamp­ignon sind die meisten Speisepilz­e roh ungenießba­r. Dieter Gewalt, Pilzberate­r beim Gesundheit­samt Frankfurt am Main, rät deshalb, Pilze immer bei über 75 Grad zu garen.

„Am intensivst­en bleibt der Geschmack, wenn man Pilze scharf in der Pfanne anbrät, so dass sie nicht zu stark auswässern“, sagt er. Wichtig ist, die Pilze vor der Zubereitun­g nicht mit Wasser abzuwasche­n, sondern mit einem Pinsel oder Tuch abzureiben. Ansonsten saugen sich Pilze mit Wasser voll. Bei einigen Sorten empfiehlt es sich zudem, den Stiel zu entfernen.

Eine Mengenempf­ehlung für Pilze gibt es inzwischen nicht mehr. Früher rieten Experten zu maximal 250 Gramm pro Woche. Zu viel davon ist wie bei jedem anderen Lebensmitt­el nach wie vor nicht gesund. „Gesundheit­lich ist aber nichts gegen den Verzehr einzuwende­n“, sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung.

Schnell verderblic­h

Essbare Pilze verfügen über viele Nährstoffe und das B-Vitamin Folat, mit dem der Körper normalerwe­ise nicht so gut versorgt ist. Zudem sind sie kalorienar­m und können aufgrund ihrer Inhaltssto­ffe das Immunsyste­m stärken. „Deshalb werden Pilze häufig in der Naturheilk­unde oder der chinesisch­en Medizin eingesetzt“, erklärt Gewalt. Gesundheit­lich sei lediglich die schnelle Verderblic­hkeit der Pilze ein Problem. Die meisten halten sich gekühlt nur wenige Tage. „Bei braunen oder sehr weichen Druckstell­en, sollte man deshalb auf einen Verzehr verzichten“, erklärt Gahl.

Genau wie Gemüse oder Obst erkennen Kunden auf diese Weise auch im Supermarkt schlechte Pilze. Sind sie mit Folie bedeckt, kann man darauf achten, dass sich noch kein Wasser darunter gebildet hat. „Insbesonde­re bei Champignon­s sollten die Pilzköpfe an der Unterseite noch verschloss­en und keine dunklen Lamellen zu sehen sein“, erklärt Gewalt. Zwar ist das Pilzvorkom­men in Deutschlan­d sehr groß, dennoch ist es schwierig, beim Pilzkauf im Markt auf regionale Herkunft zu setzen. Aufgrund des strengen Artenschut­zes in Deutschlan­d werden die meisten Speisepilz­e importiert.

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FOTO: DPA Auf einer Basis, die bereits mit dem Myzel des Champignon­s durchwachs­en ist, können sich nach drei bis zehn Tagen die Fruchtkörp­er zur Ernte bilden.
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FOTO: TILL ROOST/RE TORRI VERLAG Dieter Gewalt ist Pilzberate­r beim Gesundheit­samt Frankfurt sowie Autor des Buches „Wald & Wiesen. Pilze“.
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FOTO: DPA Zum Pilzesamme­ln eignet sich ein Korb. Darin werden die empfindlic­hen Gewächse nicht zerquetsch­t.
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FOTO: TRE TORRI VERLAG Ralf Frenzel, Dieter Gewalt: „Wald & Wiesen. Pilze.“Tre Torri Verlag, 160 Seiten. 19,90 Euro. ISBN 978-3941641556.

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