Echte Drachenkämpfer trotzen auch der Flaute
Wind spielt beim 23. Aalener Drachenfest nicht richtig mit – trotzdem erweist sich das Event als echter Publikumsmagnet
AALEN - Einige Tausend Besucher und Profi-Drachenlenker aus ganz Süddeutschland, der Schweiz und Österreich sind am Wochenende zum 23. Aalener Drachenfest rund um die Wiesen oben an der Osterbucher Steige gekommen. Besonders am Sonntag war auf dem Platz bei den Limes-Thermen richtig was los. Einige Probleme bereitete den Himmelstürmern der schwache Wind. Aber gerade für die kleinen Drachenlenker war das Ansporn, mit Mama, Papa oder Opa die bunten Flieger doch noch in die Luft zu bekommen. Und die „Rokkaku“-Teilnehmer kämpfen ohnehin verbissen. Flaute hin oder her.
Hauptsache kein Regen. Das sagen die Profi-Drachenlenker durch die Bank. Und mit einer Flaute wie am Samstag können sie dank ihrer Leichtwind- oder Null-Wind-Drachen oder den Windspielen ohnehin leben. Großdrachen, wie in den Vorjahren, gab’s ob der Flaute allerdings nicht zu sehen. Kein 30 Meter langer Blauwal, keine 15 Meter lange Krake und auch kein gigantischer Tiger über dem Aalener Himmel.
Drachenexperten wie Thoralf Weller aus dem Raum Winnenden sprachen von einer „komischen Wetterlage“. Der Wind sei einfach nie konstant. Das sei aber zu verkraften, solange es nur nicht regnet. „Das ist für uns das Allerschlimmste“, sagt Weller. Ohnehin gehe es den „Profis“um die eingeschworene Gemeinschaft der ziemlich gut vernetzten Drachenfreunde. Ihr Hobby sei eine „Lebensphilosophie“. Die meisten sind deshalb auch schon am Freitagabend angereist, mit Wohnmobil oder Zelt, und oft mit einem Anhänger voller Drachen.
Rokkaku-Wettbewerbe sind der unumstrittene Höhepunkt
„Es ist wie ein Familientreffen“, erzählt Martin Bohmert aus Ludwigsburg: „Über den Winter bauen wir unsere Drachen zusammen und zeigen sie bei den Treffen dann erstmals öffentlich.“Seine großen Drachen wie einen Riesenclown packt Bohmert in Aalen allerdings gar nicht erst aus. Keine Chance bei dem schwachen und dazu noch unberechenbaren Lüftchen. Trotzdem gibt es am Wochenende einiges am Himmel zu sehen.
Drachenfest
Peter Stumm aus Ingolstadt kann am Sonntagnachmittag zum Beispiel seine „Eddy-Kette“hoch in den strahlend blauen Himmel steigen lassen. Sie ist etwa 200 Meter lang und besteht aus 125 kleinen Drachen – mehr hat keiner in der Luft.
Ein Höhepunkt sind die „OstalbRokkaku-Wettbewerbe“an beiden Tagen. Luftkampf pur, unterlegt mit japanischem Trommelwirbel. Immerhin wurden so früher im Land der aufgehenden Sonne Kriege zwischen verfeindeten Städten unblutig beigelegt. Es geht darum, den anderen „Kampfdrachen“runterzuholen. Der Drachen, der sich am längsten in der Luft hält, hat gewonnen. Penibel entscheiden die Schiedsrichter, wer Sieger ist. Was übrig bleibt nach der Schlacht am Himmel – ein unentwirrbar scheinendes Knäuel aus Schnüren. Sogar das Entwirren scheint noch Laune zu machen. „Des isch Spaß, koi Arbeit“, sagt zumindest Anja aus Stuttgart, zusammen mit ihrem Mann begeisterte „Rokkaku“-Kämpferin.
Jede Menge Spaß haben auch die kleinen Drachenflieger. Jungs und Mädchen versuchen trotz des lauem Wind einen Piraten- oder Aliendrachen in die Luft zu kriegen – mit schnellem Rennen den Berg runter und mit unterschiedlichen Erfolg.
Der Sonntag beim Drachenfest gleicht einem echten Familienfest. Im Zelt der TSG Hofherrnweiler-Unterrombach steht eine lange Schlange und wartet auf Wurst und Pommes, auf dem Kinderflohmarkt direkt bei den Limes-Thermen wechseln jede Menge Spielzeug und Bücher die Besitzer. Und auch vor dem Luftballonstand haben die Damen schon wunde Fingerkuppen vom Befüllen und Schnur dranbinden. Ein kleines Mädchen hat die Mama verloren – zum Glück und praktischerweise steht auf dem Kärtchen, das am Ballon baumelt, der Name. Per Durchsage ist die überglückliche Mutter gleich gefunden. Dann steigt der Ballon hoch, natürlich viel höher als die diesmal nicht so üppig am Himmel flatternden Drachen. Die nicht so optimalen Windverhältnisse kommentiert der Sprecher übers Mikro dann gelassen: „Das ist halt die Natur.“ Eine gibt es unter www.schwaebische.de