Seine Rückhand ist schöner
Der Augsburger Philipp Kohlschreiber hat Respekt vor Roger Federer, glaubt aber an seine Chance im Achtelfinale
NEW YORK (SID/dpa) - Einmal fehlten Philipp Kohlschreiber nur zwei winzige Punkte zum Coup über Roger Federer. Im Tiebreak des dritten Satzes führte der Außenseiter gegen den Tennis-Star bei eigenem Aufschlag mit 5:4. „Es war ein Monstertag. Ich habe viel richtig gemacht“, erinnert sich der 33-Jährige in New York. Gewonnen hat er vor zwei Jahren in Halle trotzdem nicht. Näher war der Bayer nie dran an einer Sensation gegen Federer. Die Bilanz liest sich mit null Siegen in elf Duellen ernüchternd. Die Rollen sind vor dem Achtelfinale der US-Open heute also klar verteilt.
Am Samstag nach dem überzeugenden 7:5, 6:2, 6:4 über den Australier John Millman saß Philipp Kohlschreiber sichtlich zufrieden im Bauch des Arthur-Ashe-Stadiums und musste bei der ultimativen Frage nicht lange überlegen. „Meine Rückhand ist besser und schöner als seine“, antwortete der US-Open-Achtelfinalist – und lächelte keck. Es ging im kleinen Presseraum 3 um den großen Roger Federer. Und um eine etwaige winzige Schwäche im nahezu perfekten Spiel des Schweizer Superstars, die Kohlschreiber benennen sollte.
Natürlich hat die Nr. 37 der Welt wie jeder andere Spieler auch eine gehörige Portion Respekt vor Federer. Aber er glaubt auch an seine Chance gegen den Grand-Slam-Rekordsieger. „Wenn Roger gut spielt und ich gut spiele, dann gewinnt er. Aber wenn er nicht gut spielt, dann bin ich da. Ich werde ihm einen riesigen Fight liefern“, sagte Kohlschreiber, der ohne Satzverlust und zum insgesamt vierten Mal in die Runde der letzten 16 von New York einzog.
Bei keinem Major war er bislang erfolgreicher. Das gibt Selbstvertrauen – auch wenn es nun gegen „den vielleicht größten Champion“geht, wie Kohlschreiber Federer nennt, mit dem er ab und an trainiert. Doch auch der 36-Jährige ist gewarnt. „Philipp hat durch seine Siege hier Selbstvertrauen getankt“, meinte Federer und lobte die Rückhand des Herausforderers: „Sie ist auch einhändig. Das liebe ich zu sehen.“
Bezeichnenderweise am Labor Day, dem Tag der Arbeit in den USA, könnte die große Stunde des Augsburgers auf der mächtigsten aller Tennisbühnen schlagen. „Für so ein Match arbeitet man jeden Tag. Und vielleicht ist jetzt die beste Chance, gegen Roger zu gewinnen. Er hat sich zu Beginn des Turniers noch nicht so in die Ecken bewegt“, sagte Kohlschreiber.
Der Augsburger erwartet auch auf den Rängen ein ungleiches Duell. „23 900 Zuschauer werden für Roger sein – und 100 für mich. Da hat er eine Monsterwand hinter sich“, sagte Kohlschreiber, „aber ich werde versuchen, so viele Leute wie möglich auf meine Seite zu ziehen.“Der Schuss Lockerheit, den die Erfahrung möglich macht, soll der Schlüssel zum Erfolg werden.
Erfolgsgarant Hipfl
Vielleicht wird sich der Bayer vor dem Spiel gegen Federer auch ein paar Ratschläge von Boris Becker holen. Der dreimalige Wimbledonsieger ist als Eurosport-Experte vor Ort, aber auch in seiner neuen Funktion als Head of Men's Tennis im DTB: „Boris ist ein cooler Typ, der einem immer helfen kann. Sein Know-how ist unbestritten“, schwärmte Kohlschreiber, der als dritter deutscher Profi nach Mischa Zverev und Julia Görges, die in der Nacht auf die Lokalmatadoren Sam Querrey respektive Sloane Stephens trafen, das Achtelfinale erreichte. Zwei deutsche Männer hatten zuletzt 2006 dort gestanden.
Kohlschreiber setzt bei der ultimativen Herausforderung gegen Federer auch auf seinen neuen Coach Markus Hipfl. Der Österreicher hatte vor einigen Wochen Stephan Fehske abgelöst. Mit Hipfl holte die deutsche Nummer drei gleich den Titel in seiner Wahlheimat Kitzbühel. US Open in New York (50,4 Mio. Dollar), 3. Runde: Kohlschreiber (Augsburg/32) – Millman (Australien) 7:5, 6:2, 6:4, M. Zverev (Hamburg/23) – Isner (USA/10) 6:4, 6:3, 7:6 (5), Nadal (Spanien/1) – Mayer (Argentinien) 6:7 (3), 6:3, 6:1, 6:4, Federer (Schweiz/3) – Lopez (Spanien) 6:3, 6:3, 7:5, Schwartzman (Argentinien) – Cilic (Kroatien/5) 4:6, 7:5, 7:5, 6:4, Thiem (Österreich/6) – Mannarino (Frankreich/30) 7:5, 6:3, 6:4, Goffin (Belgien/9) – Monfils (Frankreich/18) 7:5, 5:1 Aufgabe, del Potro (Argentinien/24) – Bautista Agut (Spanien/11) 6:3, 6:3, 6:4, CarrenoBusta (Spanien/12) – Mahut (Frankreich) 6:3, 6:4, 6:3, Pouille (Frankreich/16) – Kukuschkin (Kasachstan) 2:6, 6:3, 6:4, 6:4, Dolgopolow (Ukraine) – Troicki (Serbien) 6:1, 6:0, 6:4, Rublew (Russland) – Dzumhur (Bosnien) 6:4, 6:4, 5:7, 6:4, Querrey (USA) – Albot (Moldau) 4:6, 6:2, 6:4, 6:4, Anderson (Südafrika/28) – Coric (Kroatien) 6:4, 6:3, 6:2, Lorenzi (Italien) – Fabbiano (Italien) 6:2, 6:4, 6:4, Denis Shapovalov (Kanada) – Edmund (England) 3:6, 6:3, 6:3 Aufgabe; Achtelfinale: CarrenoBusta – Shapovalov 7:6 (2), 7:6 (4), 7:6 (3). Frauen, 3. Runde: Görges (Bad Oldesloe/30) – Krunic (Serbien) 6:3, 6:3, Pliskova (Tschechien/1) – Shuai (China/27) 3:6, 7:5, 6:4, Muguruza (Spanien/3) – Rybarikova (Slowakei/31) 6:1, 6:1, Switolina (Ukraine/4) – Rogers (USA) 6:4, 7:5, V. Williams (USA/9) – Sakkari (Griechenland) 6:3, 6:4, Vandeweghe (USA/20) – A. Radwanska (Polen/10) 7:5, 4:6, 6:4, Kassatkina (Russland) – Ostapenko (Lettland/12) 6:3, 6:2, Kvitova (Tschechien/ 13) – Garcia (Frankreich/18) 6:0, 6:4, Keys (USA/15) – Wesnina (Russland/17) 2:6, 6:4, 6:1, Sevastova (Lettland/16) – Vekic (Kroatien) 6:2, 6:3, Suarez (Spanien) – Makarowa (Russland) 6:1, 3:6, 6:3, Stephens (USA) – Barty (Australien) 6:2, 6:4, Scharapowa (Russland) – Kenin (USA) 7:5, 6:2, Safarova (Tschechien) – Nara (Japan) 6:3, 6:2, Kanepi (Estland) – Osaka (Japan) 6:3, 2:6, 7:5.