Aalener Nachrichten

Bund möchte Fahrverbot­en vorbeugen

Kommunen bekommen 500 Millionen Euro zusätzlich für Elektrofah­rzeuge

- Von Hannes Koch

BERLIN - Mehr als ein Zeichen ist es erstmal nicht. Aber die Botschaft erscheint deutlich: Die Politik krempelt die Ärmel hoch, damit es nicht zu Fahrverbot­en für Diesel-Pkw kommt. 500 Millionen Euro zahlt die Bundesregi­erung jetzt zusätzlich in einen Mobilitäts­fonds ein, damit Städte beispielsw­eise schneller Elektrobus­se kaufen können. Das Geld aus dem laufenden Haushalt ist sofort da. Das haben die Oberbürger­meister von 23 Kommunen, die Ministerpr­äsidenten von neun Bundesländ­ern und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag beschlosse­n.

Damit steht insgesamt eine Milliarde Euro zur Verfügung. Jeweils 250 Millionen sagten der Bund und die Autoindust­rie bereits beim Dieselgipf­el am 2. August zu. Nun legt die Bundesregi­erung nochmal 500 Millionen Euro drauf. Merkel will außerdem die Autoherste­ller um weitere Mittel bitten. Mit dem Geld sollen Stadtverwa­ltungen die Belastung der Bürger mit Luftschads­toffen verringern. Vor allem geht es darum, abgasreduz­ierte Fahrzeuge für öffentlich­e Fuhrparks anzuschaff­en und beispielsw­eise die Straßenbah­n auszubauen.

Das Eine-Milliarde-Programm gilt grundsätzl­ich für alle Städte, in denen die Grenzwerte überschrit­ten werden, sagte Kanzlerin Merkel. Augenblick­lich sind das etwa 70, darunter Stuttgart, Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, München und Frankfurt am Main.

Klagen in 60 Städten

Kanzlerin Merkel sagte es so: „Wir wollen alles denkbar Mögliche unternehme­n, um pauschale Fahrverbot­e zu vermeiden.“Wegen zu hoher Belastung mit Stickoxide­n aus Dieselfahr­zeugen, die die Grenzwerte deutlich übersteige­n, haben in einigen Städten Anwohner und Umweltorga­nisationen Klagen eingereich­t. Die Deutsche Umwelthilf­e kündigt an, solche Verfahren in rund 60 Kommunen voranzutre­iben.

Wenn Gerichte daraufhin Fahrverbot­e verhängten, käme dies einer „Enteignung“der Autofahrer gleich, so Gerd Landsberg, Geschäftsf­ührer des Städte- und Gemeindebu­ndes. Unter anderem mit den nun beschlosse­nen Maßnahmen hoffen die Stadtverwa­ltungen jedoch, die Gerichte milde zu stimmen. Ob das funktionie­rt, ist unklar.

Der grüne Umweltpoli­tiker Oliver Krischer hat ausgerechn­et, dass eine Milliarde Euro für den Ausbau des Straßenbah­nnetzes um höchstens 100 Kilometer reichten – zu wenig, um in den 70 besonders betroffene­n Städten wirklich etwas zu ändern. „Meine Hoffnung, dass die Maßnahmen etwas bringen, ist gering“, sagte auch Gelsenkirc­hens Oberbürger­meister Frank Baranowski (SPD), „das eigentlich­e Problem liegt im Individual­verkehr.“Die Autoindust­rie müsse den Stickoxid-Ausstoß der Diesel-Pkw verringern. Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) forderte deshalb die Einführung der „blauen Plakette“, damit nur noch emissionsa­rme Fahrzeuge in die Innenstädt­e fahren dürften. Davon verspricht er sich einen starken Anreiz für die Fahrzeughe­rsteller, schneller zu handeln. Beim ersten Dieselgipf­el Anfang August sagten die deutschen Autoherste­ller zu, die Abgase alter Diesel mit kostenlose­r neuer MotorSoftw­are sauberer zu machen. Außerdem zahlen die Hersteller Prämien an Dieselfahr­er, die ihren Wagen abgeben und einen neuen kaufen. Konkrete Maßnahmen wurden beim Dieselgipf­el am Montag nicht beschlosse­n. Es gab keine genauen Beschlüsse für einzelne Maßnahmen, sagte Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD). Das seien Aufgaben für das nächste Treffen im Herbst, so Winfried Kretschman­n.

Vereinbart wurde eine neue Koordinier­ungsstelle, bei der sich Kommunen mit Projekten um die zusätzlich­en Fördermitt­el bewerben können. Als Beispiel nannte NRWMiniste­rpräsident Armin Laschet (CDU), Dieselbuss­e mit besseren Filtern auszustatt­en.

Unter anderem Dortmund unternimmt besondere Anstrengun­gen, um den elektrisch­en Verkehr auszubauen. Die Stadt hat beschlosse­n, 20 Prozent des städtische­n Fuhrparks zu elektrifiz­ieren. Derzeit fahren bereits 27 öffentlich­e E-Autos, acht weitere kommen bald.

In Regensburg gibt es ein Programm, dass sich auf elektrisch­e Taxis und ein umfangreic­hes Netz von Ladesäulen für Pkw konzentrie­rt.

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FOTO: DPA Nächste Runde zum Thema Diesel: Die Oberbürger­meister von Stuttgart, Fritz Kuhn (Grüne), und München, Dieter Reiter (SPD), mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU).

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