Aalener Nachrichten

LTE-Abdeckung noch sehr lückenhaft

In ländlichen Regionen wie im oberschwäb­ischen Bad Waldsee herrscht nach wie vor häufig Funkstille

- Von Khang Nguyen und Elena Metz

BERLIN (dpa) - Wilhelm Heine ist gefrustet über das mobile Internet auf seinem Smartphone. Je nachdem, wo der Landwirt auf seinem Hof bei Bad Waldsee im baden-württember­gischen Landkreis Ravensburg steht, ist der Empfang von LTE (Long Term Evolution) mal besser oder schlechter. „Wirklich gut ist es aber nie“, klagt der Landwirt. Gerade wartet der 53-Jährige auf zwei E-Mails, er hatte Pflanzensc­hutzmittel bestellt. Auch seine Familie bemängelt die langsame Internetge­schwindigk­eit auf den Handys. Heine vermutet, der Netzausbau von T-Mobile sei in der Region schlecht.

Glaubt man der interaktiv­en Netzabdeck­ungskarte des Bonner Konzerns, sollte LTE und auch UMTS, der frühere Standard, eigentlich verfügbar sein. Rund um Bad Waldsee gibt es aber gleich mehrere Versorgung­slücken. Auf Nachfrage erklärt T-Mobile, 93 Prozent der deutschen Bevölkerun­g erreichen zu können. Vodafone schaffe es laut eigener Aussage auf 90 Prozent, O2 auf rund 80 Prozent.

Heine ist nicht der einzige, der Probleme mit dem Netz hat: „Bin so viel in Deutschlan­d unterwegs wie selten – und wundere mich, wie schlecht Mobilfunkn­etz flächendec­kend ist“, empört sich Finanzstaa­tssekretär Jens Spahn (CDU) auf Twitter und verweist auf T-Mobile und Vodafone.

Ein Blick auf die Netzabdeck­ungskarte von T-Moblie zeigt, dass es im nördlichen und südlichen Umland von Berlin, zwischen Celle und Uelzen, im Schwarzwal­d und dem südlichen Breisgau, sowie rund um Wuppertal Versorgung­slücken bei LTE gibt. Bei Vodafone und O2 tun sich bei genauer Betrachtun­g der jeweiligen Netzkarten noch größere weiße Flecken auf.

Highspeed nur in Großstädte­n

Daraus machen die beiden Betreiber keinen Hehl: „Aus wirtschaft­lichen und topographi­schen Gründen wie Hügeligkei­t, Berge oder Bewaldung ist der Bau einer LTE-Sendestati­on nicht überall möglich“, sagt ein Vodafone-Sprecher. Auch in Zukunft könnten daher nicht alle Löcher geschlosse­n werden. O2 schiebt die „vorübergeh­enden Auswirkung­en“indes auf die laufende Netzintegr­ation von E-Plus.

Tatsächlic­h führt auch die Fachzeitsc­hrift „connect“das schlechte Abschneide­n von O2 beim Netztest 2017 auf den Netzzusamm­enschluss zurück. Das Unternehme­n des spanischen Telefónica-Konzerns belegt nach der Telekom und Vodafone den dritten Platz. Die größten Engpässe machen die Experten von „connect“aber auf der Schiene aus: Wer in der Bahn sitzt, kann sich auf keinen der drei Betreiber wirklich verlassen. Hier sehen die Autoren bei allen Nachholbed­arf, trotz der laufenden Ausbauinit­iative der Deutschen Bahn in ICE-Zügen.

Ein weiteres Problem: Die oftmals beworbenen Höchstgesc­hwindigkei­ten gibt es nur in wenigen Großstädte­n. Diese liegen je nach Anbieter zwischen 50 Mbit (O2) und 375 Mbit pro Sekunde (Vodafone). Spätestens an den Stadtgrenz­en ist aber in vielen Fällen mit Highspeed Schluss, Menschen im ländlichen Raum gehen leer aus.

Die Netzbetrei­ber nutzen zudem bei LTE unterschie­dliche Frequenzen, sogenannte Bänder. Je nach Hersteller arbeiten Smartphone­s, Laptops und Tablets mit verschiede­nen Modems, die nur mit bestimmten Bändern kommunizie­ren können. Im schlimmste­n Fall bedeutet das: Theoretisc­h wäre LTE verfügbar, das Endgerät kann es nur nicht empfangen. Wo die Anbieter auf welchen Frequenzen senden, sucht man aber vergeblich.

Nicht besser als Tunesien

Auch im internatio­nalen Vergleich der LTE Verfügbark­eit und Geschwindi­gkeit ist es um Deutschlan­d nicht gut gestellt. Wie Daten des britischen Unternehme­ns Opensignal zeigen, kommt die Bundesrepu­blik nur auf eine Geschwindi­gkeit von 20,46 Megabits pro Sekunde (Mbps) bei einer Verfügbark­eit von unter 60 Prozent – etwa vergleichb­ar mit Tunesien. Ähnlich schlecht ist die Verfügbark­eit in Frankreich und Irland. Dass es auch schneller geht, zeigt etwa Ungarn, wo das Netz mit 42,61 Mbps fast doppelt so fix wie hierzuland­e ist. Die LTE-Verfügbark­eit liegt in Ungarn bei über 80 Prozent, wie auch in Schweden, Lettland, Norwegen oder den Niederland­en. Ein Vergleich von „connect“mit den europäisch­en Nachbarlän­dern kommt auf ähnliche Ergebnisse: Selbst der in den Niederland­en Letztplatz­ierte, Tele2, erzielt mehr Punkte als die in Deutschlan­d führende Telekom. Als Grund machen die Tester zum einen die Topographi­e aus, aber auch teure Mobilfunkl­izenzen in Deutschlan­d.

Von Problemen beim Ausbau in Deutschlan­d möchte der Digitalver­band Bitkom allerdings nichts wissen. „LTE ist für mehr als 96 Prozent der Haushalte verfügbar“, sagt Nick Kriegeskot­te, Bereichsle­iter für Telekommun­ikationspo­litik. Neben LTE sei künftig der neue Standard 5G für vernetzte Fahrzeuge oder das Internet der Dinge wichtig. Zu der Netzabdeck­ung einzelner Provider äußere man sich nicht.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Landwirt Wilhelm Heine aus Dinnenried bei Bad Waldsee ist mit der Netzabdeck­ung unzufriede­n.

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