Aalener Nachrichten

Der Traum der Tante

Venus Williams hofft 20 Jahre nach erstem Start auf Coup

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NEW YORK (SID) - Das Baby-Thema war eigentlich tabu. Kein Wunder, dass Venus Williams etwas genervt wirkte, als sie dann doch über ihre wenige Tage alte Nichte berichten sollte. Die Frage, ob die kleine Tochter von Serena Williams denn eine beidhändig­e Rückhand habe, zauberte der frischgeba­ckenen Tante Venus zumindest ein gequältes Lächeln ins Gesicht. „Oh mein Gott, dass ist doch zum Totlachen“, retournier­te die USOpen-Viertelfin­alistin den lustig gemeinten Versuch eines Journalist­en, Details über den neuen Fixstern im Williams-Universum zu entlocken.

Dabei gibt es in diesen New Yorker Tagen eigentlich genügend Gründe, über das Phänomen Venus Williams zu berichten. Die 37-Jährige erlebt 2017 ihren x-ten Frühling, erreichte bei den Australian Open und in Wimbledon jeweils das Endspiel.

Zum 19. Mal startet die ältere Williams-Schwester bei ihrem Heimspiel in Flushing Meadows – und zum zwölften Mal steht sie nach dem 6:3, 3:6, 6:1 gegen Carla Suarez Navarro (Spanien) im Viertelfin­ale.

Als Venus Williams als 17-Jährige im Jahr 1997 zum ersten Mal im Hauptfeld des letzten Grand Slam des Jahres aufschlug und gleich ins Finale kam, spielte Steffi Graf noch mit. „Du brauchst drei Dinge, um so lange durchzuhal­ten: Lust, Talent und Gesundheit“, meinte die siebenmali­ge Grand-Slam-Siegerin, die ihren bislang letzten Major-Titel 2008 holte. Doch im Big Apple steht die gläubige Zeugin Jehovas bei etlichen Experten ganz oben auf der Favoritenl­iste. Im Tableau ist sie die letzte verblieben­e Spielerin, die das Turnier schon mindestens einmal gewonnen hat (2000 und 2001).

Mit der Erwartungs­haltung ihrer Landsleute kommt Venus Williams in Abwesenhei­t ihrer Schwester Serena bestens klar. „Ich betrachte Druck als Privileg und brauche ihn regelrecht“, erklärte sie.

Das Arthur-Ashe-Stadium ist ihre ganz besondere Bühne. Nach Siegen dreht sie die berühmten Pirouetten – und die Fans liegen der Grande Dame dabei zu Füßen. „Es gibt nichts Besseres als diese Energie in dieser Arena, die entsteht, wenn die Leute so durchdrehe­n“, meinte Williams, die schon etliche Schicksals­schläge meistern musste. Zuletzt überwand sie das Gefühlscha­os nach ihrem tragischen Autounfall Anfang Juni, bei dem ein Mann ums Leben gekommen war.

Gerade deshalb versteht man umso besser, wenn sie sagt: „Keiner schenkt dir einen Grand-Slam-Titel“, so die fünfmalige Wimbledong­ewinnerin, „du musst ihn dir holen.“Und das will sie mit aller Macht.

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FOTO: AFP Venus Williams

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