Schubart sitzt in der Johanneskirche
Eine beeindruckende Stunde über seinen fragmentarischen Text „Ästhetik der Tonkunst“
AALEN (gk) - Zu einer informativen, aber auch musikalisch erbaulichen Stunde über Schubarts fragmentarischen Text „Ästhetik der Tonkunst“hatte das Kulturamt der Stadt am Sonntagnachmittag in die Johanneskirche eingeladen. Das Publikumsinteresse war groß, nahezu alle Plätze in der ältesten Kirche der Stadt waren besetzt.
Die Septembersonne strahlt an diesem Nachmittag hell vom wolkenlosen Himmel. Die Augen müssen sich erst an das Halbdunkel im Kirchenraum gewöhnen. Neben der kleinen Kirchenorgel erkennt man im Dämmerlicht einen Mann. Er sitzt dort ganz still mit Perücke und seltsam altmodisch gekleidet. Ist das etwa Schubart? Er ist es natürlich nicht, aber er hätte es durchaus sein können, wenn sich die Szene etwa 250 Jahre früher abgespielt hätte. Der Schauspieler Arwid Klaws vom Aalener Theater verkörpert den aufmüpfigen Musiker und Literaten und liest aus seinem fragmentarischen Werk „Die Ästhetik der Tonkunst“, das Schubart während seiner Festungshaft auf dem Hohen Asperg dem Sohn des Festungskommandanten in den Jahren 1784/85 diktiert hat.
Den musikalischen Teil des Nachmittags übernimmt der in Aalen aufgewachsene Architekt Siegfried Großmann, den eine besondere Affinität zu Schubart auszeichnet, nicht nur, weil er vor 60 Jahren am Schubart-Gymnasium Abitur gemacht hat. In seinen Texten zur Ästhetik der Musik geht es Schubart zum einen darum, zu ergründen, worin die eigentliche, die seelenberührende Schönheit der Musik liegt und wie man sie hervorbringen kann. Mathematische Regeln und Logik scheinen ihm – auf die Musik angewandt – eher suspekt. Bei Schönbergs Zwölftontechnik zum Beispiel würde sich Schubart vermutlich im Grabe umdrehen.
Im zweiten Teil der „Ästhetik der Tonkunst“porträtiert Schubart zahlreiche bekannte und heute vergessene Komponisten und beschreibt ihre Werke. Dabei spart er nicht mit Superlativen, wenn er sich über die großen Meister seiner Zeit wie etwa Telemann, Händel oder Bach und dessen Söhne auslässt.
Aus diesem Teil des Textes las Arwid Klaws die entsprechenden Passagen über die verschiedenen Komponisten. Siegfried Großmann kommentierte die Texte dann mit eigenen, zuweilen humorvollen Anmerkungen und spielte auf der Orgel ein dazu passendes Werk.
So hörte man etwa die Toccata CDur von Johann Pachelbel, eine Fantasie in d-Moll von Telemann, das „Kyrie“aus der Orgelmesse von Johann Sebastian Bach sowie zwei Kompositionen seiner Söhne Friedemann und Carl Phillip Emanuel. Am Schluss erklang ein langsamer Satz für Orgelwalze von Wolfgang Amadeus Mozart, den Schubart in seinem Text nur kurz als talentierten Sohn von Leopold Mozart erwähnt. Kein Wunder, schließlich sind beide, Mozart und Schubart, im gleichen Jahr, 1791, als arme und gebrochene Männer gestorben.