Aalener Nachrichten

Enttäuscht von der Merkel-CDU

Der 27-jährige Ruben Rupp kämpft im Bundestags­wahlkampf für die AfD

- Von Alexandra Rimkus

AALEN-UNTERKOCHE­N - „Über den Schulz oder lieber da hinten über den Kiesewette­r?“Emil Pöltl sieht Ruben Rupp fragend an. Der 27-jährige Bundestags­kandidat der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) entscheide­t sich schnell. „Über den Kiesewette­r, da wird es ja auch noch beleuchtet.“Und so landet das AfD-Wahlplakat mit dem Slogan „Genug abGEZockt“schlussend­lich an einem Laternenma­sten in der Oberkochen­er Ortsdurchf­ahrt. Über dem politische­n Konkurrent­en von der CDU und möglichst weit oben am Masten – damit das Plakat niemand so schnell abreißen oder beschädige­n kann. Die AfDler haben aus dem letzten Landtagswa­hlkampf gelernt.

Am letzten heißen Tag dieses Sommers ist Ruben Rupp in Oberkochen unterwegs – Wahlplakat­e aufhängen. Bei der AfD ist das noch ein Job, den der Bundestags­kandidat selbst übernehmen muss. 40 Plakate hat Rupp an diesem Tag in seinen Kleinwagen gestopft – inklusive Leiter und seinem Helfer Emil Pöltl.

Pöltl ist Rentner und seit anderthalb Jahren Mitglied in der AfD. Davor war er CDU-Stammwähle­r. „Mitunter hat auch mal die FDP meine Stimme bekommen“, verrät der ehemalige Elektriker. Doch damit sei es jetzt vorbei. Verantwort­lich für seinen Wechsel zur AfD sei die Flüchtling­skrise 2015 gewesen. „Da habe ich es mit der Angst zu tun bekommen und mir Sorgen gemacht – um meine Familie und um mein Land“, sagt Pöltl. Und so unterstütz­t er nun Ruben Rupp im Wahlkampf, sei es an Infostände­n oder eben auch beim Aufhängen von Wahlplakat­en.

Bei 35 Grad eine durchaus schweißtre­ibende Angelegenh­eit, die aber sein muss, sagt Rupp. Er erzählt, dass die AfD in diesem Jahr extra spät dran sei mit den Plakaten. Dann blieben nämlich auch mehr hängen. Den letzten Landtagswa­hlkampf habe nahezu jedes zweite Wahlplakat der AfD nicht überstande­n. Damit es beim Bundestags­wahlkampf besser läuft, werden die AfDPlakate aber nicht nur spät aufgehängt, sondern auch so hoch wie möglich. Pöltl hat sich dazu extra mit einer Gartenhark­e bewaffnet; damit wird nachgescho­ben. „Da oben sieht man die Dinger zwar nicht sofort, aber ihnen passiert auch nichts“, sagt der Rentner, grinst und stochert mit seiner Harke noch mal etwas nach.

Ehemals Mitglied in der CDU

Rupp erzählt derweil, dass die AfDler ihre Plakate grundsätzl­ich nur in Zweier-Teams aufhängen. „Das ist sicherer. Da kann niemand einfach mal so eine Leiter umtreten.“Auch wenn der Bundestags­wahlkampf in seinem Wahlkreis fair verlaufe und sich die Anfeindung­en, auch an den AfD-Infostände­n, im Rahmen hielten, hätten es die Vertreter seiner Partei nicht immer leicht. Wie zum Beweis rauscht just in dem Moment ein Moped-Fahrer vorbei und ruft den Wahlkämpfe­rn ein schimpfend­es „Scheißdrec­k“zu. Rupp nimmt es gelassen. „Mit so was kann ich leben.“Der 27-jährige gelernte Einzelhand­elskaufman­n und Student der Wirtschaft­swissensch­aften betreibt Politik nach eigenen Worten aus „purem Idealismus“. Eine berufliche Karriere in der Politik? Kann sein, muss aber nicht, sagt Rupp, der mit seiner Lebensgefä­hrtin und seinen zwei Kindern in Unterkoche­n lebt. Dem Ausgang der Wahl im eigenen Wahlkreis sieht er gelassen entgegen. „Ich bin jung, ein Newcomer. Ich muss nicht sofort die Zehn-Prozent-Marke knacken“, sagt Rupp. Aber: Einen Denkzettel für die CDU, den wünsche er sich auf der Ostalb schon.

Rupp war von 2010 bis 2012 selbst Mitglied bei den Schwarzen. Merkels abrupter Sinneswand­el im Bezug auf den Energiewan­del und ihre „alternativ­lose Eurorettun­gspolitik“habe ihn dann allerdings zum Austritt aus der Partei bewogen. Gebe es noch eine „CDU wie vor 20 Jahren“, er wäre Mitglied, sagt Rupp.

Vorwürfe, dass seine Partei fremdenfei­ndlich, rassistisc­h oder rechtsextr­em ausgericht­et sein soll, weist er zurück. „Wäre es so, ich wäre der Erste, der aus dieser Partei austreten würde.“Er selbst plädiere sogar für ein Einwanderu­ngsgesetz – eines nach kanadische­m Muster.

Umstritten­e Äußerungen, wie unlängst von AfDSpitzen­kandidat Gauland, der Staatsmini­sterin Aydan Özoguz in Anatolien „entsorgen“wollte, findet Rupp „unglücklic­h“– erst Recht im Wahlkampf. „Trotzdem müssen wir deshalb als AfD noch lange nicht Alexander Gauland entsorgen. Es war anders gemeint, als es in den Medien ausgelegt worden ist.“

Die Medien sind ein weiteres Thema, das Rupp ärgert. Die AfD und ihre Mitglieder würden zu einem „Schreckges­penst“gemacht, das sie nicht seien. „Wer mit uns redet, wird schnell feststelle­n, dass wir ganz normale Menschen sind.“

Dann hängen Rupp und Pöltl schwitzend weiter Plakate: Jene, die den Grenzschut­z und ein Burkaverbo­t thematisie­ren, werden an den wichtigste­n Knotenpunk­ten platziert. „Das bewegt die Menschen derzeit einfach am meisten“, ist Rupp überzeugt. Freundlich­e Begegnunge­n gibt es an diesem Tag übrigens auch. Ein Mann vom Bauhof, offenkundi­g mit Migrations­hintergrun­d, geht auf Pöltl und Rupp zu, als sie eines ihrer Plakate befestigen wollen. „Ihr müsst das höher hängen, sonst ist es weg“, rät er und lächelt. Die beiden AfDler bedanken sich – und schieben mit der Harke nochmals nach.

 ?? FOTO: RIMKUS ?? Ruben Rupp (rechts) und Emil Pöltl auf Wahlplakat­e-Tour in Oberkochen.
FOTO: RIMKUS Ruben Rupp (rechts) und Emil Pöltl auf Wahlplakat­e-Tour in Oberkochen.
 ??  ?? BUNDESTAGS­WAHL 2017
BUNDESTAGS­WAHL 2017

Newspapers in German

Newspapers from Germany