Der tägliche Wahnsinn
Tatort: Stau (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr)
- Stau in Stuttgart, und alle wollen nur eins: weiterfahren. Nur einer nicht. Kriminalhauptkommissar Torsten Lannert (Richy Müller). Er sucht im Stillstand auf der Weinsteige den Mörder einer 14-Jährigen. In einem von 200 Auto muss er sitzen. Während Kollege Sebastian Bootz (Felix Klare) am Tatort ermittelt, forscht Lannert in der Blechlawine.
Regisseur Dietrich Brüggemann gewinnt der verheerenden Stuttgarter Verkehrslage etwas Gutes ab. Er nutzt sie als Setting für einen außergewöhnlichen „Tatort“, und einen außergewöhnlich guten noch dazu. Dabei greift er zurück sich auf klassische Krimimuster. Wie der berühmte Hercule Poirot im Orientexpress hat Lannert alle möglichen Täter vor sich, er muss nur einem von ihnen den Mord beweisen oder ein Geständnis herauskitzeln. Jeder kommt als Täter in Frage. Schon, weil der banale Stau jeden an seine Grenzen bringen kann. Die Mechanismen des alltäglichen Wahnsinns fängt Brüggemann gekonnt ein. Ob beim streitenden Ehepaar oder der Mutter mit Teenager, dessen dröhnende Musik die Nerven zerfetzt: Es wäre, als würde man als Passagier mit im Auto sitzen. Die überzeugenden Darsteller benötigen weder verwinkelte Plots noch aufwändige Spezialeffekte, um zu überzeugen. Nur der Stau selbst ist ein Spezialeffekt: Gedreht wurde in künstlicher Kulisse. Auf der echten Weinsteige würden Dreharbeiten zum Kollaps führen.