Reiseerlaubnis als Instrument der Disziplinierung
Roland Hamm vom Partnerschaftsverein über mögliche Hintergründe, weshalb die Delegation aus Antakya nicht zum Stadtfest durfte
AALEN - „Das ist weder im Sinne einer Städtepartnerschaft noch ist es hilfreich für die aktuelle gesamtpolitische Situation.“Roland Hamm, im Vorstand des Aalener Städtepartnerschaftsvereins zuständig für die Beziehungen ins türkische Antakya, bedauert es, wie OB Thilo Rentschler, ausdrücklich sehr, dass von dort diesmal keine Delegation zu den Reichsstädter Tagen kommen konnte. Grund: Der türkische Staat hatte keine Ausreisegenehmigung erteilt.
Wie genau dies zugegangen ist, kann Hamm bis jetzt noch nicht im Detail sagen. Tatsache sei jedenfalls, dass geplant gewesen sei, dass der Bürgermeister einer zu Antakya beziehungsweise zur Provinz Hatay gehörenden Gemeinde sowie zwei weitere Gemeinderäte, jeweils mit ihren Ehefrauen, als sechsköpfige Delegation zum Aalener Stadtfest reisen. Der Bürgermeister hätte der Delegationsleiter sein sollen, nachdem Antakyas Oberbürgermeister Lütfü Savas, wie Hamm sagt, schon seit geraumer Zeit mit einem Reiseverbot von der türkischen Regierung belegt sei. Ein Teil dieser geplanten Delegation habe wohl eine Reiseerlaubnis gehabt, der Bürgermeister noch nicht. Am Donnerstagabend sei dann aus Antakya die Nachricht gekommen, dass er eine solche Erlaubnis auch nicht erhalten werde. Woraufhin die ganze Delegation den Besuch in Aalen abgesagt habe.
Bei allem Unverständnis und Bedauern sei für ihn eine solche Situation aber auch nicht neu, sagt Hamm. Vor allem am Anfang der inzwischen über 20-jährigen Partnerschaft mit Antakya sei es immer wieder um das Thema Reiseerlaubnis gegangen, erinnert sich Hamm.
Hilfe und Reisen zwei Paar Stiefel
Eine solche Reiseerlaubnis sei in der Türkei phasenweise immer wieder auch ein Disziplinierungsinstrument gewesen. Auf das der Staat dort offenbar jetzt wieder verstärkt zurückgreife, vermutlich auch, weil in der Türkei ja immer noch der Ausnahmezustand gelte, wie Hamm glaubt.
Dass die Beziehungen zwischen Aalen und Antakya nicht zuletzt wegen des großen Ostalb-Engagements für eine Schule für syrische Flüchtlingskinder in Hatay derzeit besonders eng sind, wisse auch der türkische Staat, der das Projekt schließlich ja auch gefördert habe, auch mit Unterstützung des staatlichen Gouverneurs der Provinz, sagt Hamm. Dies und die Frage der Ausreiseerlaubnis nach Aalen seien für die Regierung in Ankara offenbar aber zwei Paar Stiefel. Vermutlich gehe es in der Reisefrage auch darum, Funktionären und Anhängern der Oppositionspartei CHP und anderer Parteien in der Provinz Hatay Ärger zu machen.
Was Hamm aber nicht davon abhalten wird, Ende des Monats zur Einweihung des letzten Abschnitts der mit Aalener Hilfe gebauten Schul- und Sportanlagen gemeinsam mit Rentschler und dessen Vor-Vorgänger Ulrich Pfeifle nach Antakya zu reisen, wie es zumindest derzeit geplant ist. „Wir stehen zu dieser Partnerschaft“, betont Rentschler. Mit einem solchen Besuch könne man auch den Partnern vor Ort den Rücken stärken. Mit der Einweihung des letzten Bauabschnitts, so Hamm, sei dieses rein humanitäre Hilfsprojekt, „das wir ja nicht für die Politiker begonnen haben“, dann abgeschlossen. Und mit Blick auf die aktuellen deutsch-türkischen Beziehungen fügt er noch hinzu: Die Idee von Partnerschaften sei es ja gerade, mögliche politische Konflikte durch menschliche Beziehungen und Dialoge unschädlich zu machen.