Aalener Nachrichten

„Das Leben geht ganz normal weiter“

Aalener mit türkischen Wurzeln nicht von Repression­en der türkischen Regierung betroffen

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AALEN- Kürzlich hat die türkische Regierung eine „Reisewarnu­ng“für Deutschlan­d erlassen. Türken sollten „vorsichtig sein und umsichtig handeln im Falle möglicher fremdenfei­ndlicher oder rassistisc­her Zwischenfä­lle, Verhaltens­weisen oder verbaler Attacken", heißt es laut verschiede­ner Medien in einer Erklärung des türkischen Ministeriu­ms. Auch das deutsche Auswärtige Amt warnt deutsche Staatsange­hörige zu Vorsicht in der Türkei, da in der Vergangenh­eit dort willkürlic­h Deutsche inhaftiert wurden. Betroffen davon seien vor allem deutsche Staatsange­hörige mit engen privaten und persönlich­en Bindungen in die Türkei sowie Personen, die sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsange­hörigkeit besitzen.

Eine schwierige Zeit für Reisen zwischen den Ländern, auch in Aalen. Wie berichtet, konnte eine türkische Delegation aus Antakya am Wochenende nicht zu den Reichsstäd­ter Tagen anreisen.

Wir haben uns in Aalen umgehört, welche Erfahrunge­n Türken und türkischst­ämmige Deutsche aus Aalen gemacht haben.

Nihal Büyükasic war schon bei mehreren offizielle­n Reisen der Aalner Städtepart­nerschaft nach Antakya dabei und hat als Übersetzer­in gearbeitet. „Vollkommen überzogen“, bewertet sie die Reisewarnu­ng der Türkei für Deutschlan­d. „Ich kann mir nicht erklären, was die türkische Regierung damit bezwecken will. Hier scheint die Diplomatie verloren gegangen zu sein“, sagt Büyükasic. Sie würde jederzeit wieder in die Türkei reisen. „Wir waren 2015 dort, als es noch Bombardier­ungen an den Grenzen gab. Im Großen und Ganzen haben wir schon gefährlich­ere Zeiten hinter uns gebracht.“Ihre Familie war gerade im Urlaub in der Türkei, Weder bei der Einreise noch bei der Ausreise habe es Probleme gegeben.

Auch Serhat Coban, erster Vorsitzend­er des Kulturclub­s Antakya-Aalen, war mit seiner Familie kürzlich im Urlaub. Auch er hatte keine Probleme oder Einschränk­ungen. „Es war wie jedes Jahr“. Auch seine Verwandten, die dort leben, hätten bisher keinerlei Probleme gehabt. Deshalb würde er der Aalener Delegation, die Ende September nach Antakya reisen möchte, auf jeden Fall empfehlen, die Reise anzutreten.

Vor allem Sunniten im Visier der Regierung

Mithat Basharan stammt ursprüngli­ch aus Antakya. Auch er konnte bei seinem letzten Besuch dort vor drei Wochen keinerlei Veränderun­gen im alltäglich­en Leben feststelle­n. „Das Leben geht ganz normal weiter. Man kann an den Strand und in die Stadt gehen, wie immer“, sagt er. Insgesamt sei man natürlich vorsichter geworden, wenn es darum gehe, seine politische Meinung zu äußern. Da Basharan und seine Familie aber Aleviten seien, wäre man nicht im Visier des Staates. Die Gülen-Anhänger wären zum Großteil Sunniten, würden anders denken und anders glauben. Da man bei der Städtepart­nerschaft zwischen Aalen und Antakya vor allem soziale und kulturelle Ziele verfolge, kann Basharan sich nicht vorstellen, dass es Probleme geben könnte. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Oberbürger­meister Rentschler Ende September nach Antakya fliegen würde, um die gebauten Schul- und Sportanlag­en einzuweihe­n“, sagt er.

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS Die Türkei warnt vor Reisen nach Deutschlan­d.

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