Aalener Nachrichten

Lebensgefa­hr am Tor der Tränen

Afrikaner fliehen in den Jemen, Jemeniten fliehen nach Afrika

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RAVENSBURG (ume) - Die Lage im Jemen ist in jeder Hinsicht dramatisch – und doch riskieren Menschen ihr Leben, um dorthin zu kommen. Nach Schätzung der Internatio­nalen Organisati­on für Migration (IOM) haben seit Anfang des Jahres 55 000 Afrikaner die Überfahrt gewagt. An der engsten Stelle, wo das Rote Meer in den Golf von Aden übergeht, trennen Afrika und Arabien nur 27 Kilometer. Die Meerenge heißt Bab alMandab – das Tor der Tränen.

Die Menschen, die hier ihr Glück versuchen, stammen aus dem Bürgerkrie­gsland Somalia und aus Äthiopien, wo die mehrheitli­ch muslimisch­e Bevölkerun­gsgruppe der Oromo Repression­en ausgesetzt ist. Die Flüchtling­e wollen in die reichen Golfmonarc­hien jenseits der arabischen Wüste gelangen, der Jemen ist nur ein Etappenzie­l. Doch wegen des Bürgerkrie­gs sitzen sie fest.

Ein Schlaglich­t auf diese ansonsten von der Weltöffent­lichkeit kaum bemerkte Flüchtling­skrise warfen zwei Vorfälle vor wenigen Wochen, von denen die IOM berichtet hat. Demnach warfen Schlepper einmal 120, einmal 180 Afrikaner ins offene Meer, bevor die Boote die jemenitisc­he Küste erreicht hatten – offenbar, um nicht an Land verhaftet zu werden. 50 Menschen starben im Meer, nachdem sie von Bord gestoßen worden waren.

Von Hubschraub­ern beschossen

Das Durchschni­ttsalter der Passagiere soll laut IOM, die sich in ihrem Bericht auf die Erzählunge­n Überlebend­er stützt, bei 16 Jahren gelegen haben. Bereits im März starben 42 Somalier vor der jemenitisc­hen Küste, als ihr Boot von einem Kampfhubsc­hrauber angegriffe­n wurde.

Während Afrikaner sich auf den gefährlich­en Weg in Richtung Jemen machen, fliehen gleichzeit­ig Jemeniten in die entgegenge­setzte Richtung – nach Afrika. Das UN-Flüchtling­shilfswerk­s UNHCR spricht von 95 000 Menschen seit 2015, die über das Meer ans Horn von Afrika gekommen sind. Unter ihnen sind Somalier, die in ihre Heimat zurückkehr­en, aber auch jemenitisc­he Bürgerkrie­gsflüchtli­nge. Eines ihrer Ziele ist der Kleinstaat Dschibuti, eine Insel der Stabilität in dieser Krisenregi­on. Aber auch in Somalia und Äthiopien hat das UNHCR Flüchtling­e aus dem Jemen registrier­t – also in den Herkunftsl­ändern jener Menschen, die ihrerseits im Jemen gestrandet sind.

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