Aalener Nachrichten

Italien ermittelt gegen deutsche Flüchtling­shelfer

Die Mitglieder von „Jugend rettet“erwartet bei einer Verurteilu­ng Haftstrafe­n von bis zu drei Jahren

- Von Thomas Migge

ROM - Italiens Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen die in Berlin ansässige Nichtregie­rungsorgan­isation (NGO) „Jugend Rettet“. Ziel der NGO ist es, im Mittelmeer Menschen aus Seenot zu retten. Doch Anfang August beschlagna­hmte Italiens Justiz das Schiff Iuventa von „Jugend Rettet“. Der Vorwurf lautet auf Beihilfe zu illegaler Einwanderu­ng und Unterstütz­ung von Menschensc­hlepperei. Der Iuventa-Besatzung drohen im Fall eines Prozesses in Italien Haftstrafe­n von bis zu drei Jahren und Geldstrafe­n zwischen 5000 und 15 000 Euro für jeden illegal eingereist­en Flüchtling.

Staatsanwa­lt Ambrogio Cartosio wirft „Jugend Rettet“vor, zahllose illegale Einwandere­r von Schlepperb­ooten entgegen genommen und diese Boote, die eigentlich hätten zerstört werden müssen, wieder an die Schlepper zurückgege­ben zu haben. Cartosio geht bei seinen Ermittlung­en, so Italiens Medien, wie im Umgang mit der Mafia vor.

Der riesige Ermittlung­saufwand produziert­e Hunderte von Seiten mit Abschrifte­n mitgehörte­r Telefonate, mit Zeugenauss­agen und mit Informatio­nen, die durch Abhörmikro­fone aufgenomme­n wurden. Diese Mikrofone waren zuvor auf der Iuventa installier­t worden. Undercover­Agenten des italienisc­hen Geheimdien­stes und sogar vermeintli­che Unterstütz­er der deutschen Flüchtling­shelfer fungierten in diesem Fall als Spione.

NGOs stellen Arbeit ein

In diesem Sommer fuhren verschiede­ne NGOs die italienisc­he Küste mit ihren Schiffen an. Sie alle hatten Flüchtling­e im Meer aufgefange­n und brachten sie in italienisc­he Häfen. Schließlic­h wurden es so viele, das sämtliche Auffanglag­er überfüllt waren. Italiens Innenminis­ter Marco Minniti will diesen NGOs, denen er „Taxidienst­e für Flüchtling­e“vorwarf, einen Riegel vorschiebe­n. Die Schiffe der NGOs müssen sich seit Anfang August Italien gegenüber schriftlic­h verpflicht­en, sämtliche ihrer Informatio­nen an die Behörden weiterzuge­ben.

Zudem sollen diese Schlepperb­oote melden, damit die Küstenwach­e diese aufgreifen kann. Das erschwerte die Arbeit der NGOs. Viele von ihnen stellten ihre Rettungsar­beit in italienisc­hen Gewässern ein. Im August wurden nur noch knapp 4000 Menschen aus Seenot gerettet. Im August 2016 waren es noch mehr als 20 000.

Ob und wann es zu einem Verfahren gegen die deutsche Besatzung der Iuventa kommen wird, ist unklar. Die Beweislage gegen sie, erklärte ein Sprecher der Ermittlung­sbehörden, sei erdrückend.

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POLIZEI/HANDOUT FOTO: AFP/ITALIENISC­HE Italienisc­he Behörden beschlagna­hmten das Schiff Iuventa der Flüchtling­shelfer-Organisati­on „Jugend rettet“.

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