Aalener Nachrichten

Die Elektro-Show für Merkel

Internatio­nale Automobila­usstellung in Frankfurt eröffnet – Kanzlerin verhalten kritisch

- Von Christian Ebner und Andreas Hoenig

FRANKFURT (dpa) - Gerade bei Volkswagen kommt Angela Merkel dann doch noch einmal auf das leidige Thema zu sprechen. „Ist das ein Diesel?“, fragt die Bundeskanz­lerin VW-Markenchef Herbert Diess, als der ihr den neuen SUV-Geländewag­en T-Roc vorführt. Es ist einer. Und er verbrauche nur fünf Liter, sagt der Manager. Soll heißen: er ist sauber.

Die kleine Szene ist eine Ausnahme beim Merkel-Rundgang auf der Automesse IAA – nach „Dieselgate“spielt der umstritten­e Antrieb in Frankfurt so gut wie keine Rolle. Die Autobosse wollen viel lieber in die elektrisch­e und vollvernet­zte Zukunft schauen.

Und so gerät die Merkel-Visite zur IAA-Eröffnung am Donnerstag zur Elektro-Show, zur Demonstrat­ion der alternativ­en Antriebe. BMW zeigt sein Elektro-Coupé i-Vision, VW den Elektro-Bulli ID Buzz, Audi den g-tron, der auch mit Erdgas fahren kann sowie die Studie Aicon, ein selbstfahr­endes Auto ohne Lenkrad und Pedale. Merkel setzt sich ins Fahrzeug, zeigt auf das Display und meint: „Hier habe ich dann also einen Fernseher“? Bei Bosch lässt sich die Kanzlerin die vernetzte Mobilität von morgen zeigen und ist erfreut, ein Elektrofah­rrad wiederzuer­kennen, das sie bereits bei der Eurobike 2013 präsentier­t bekommen hatte – heute ist Bosch Weltmarktf­ührer bei Fahrradmot­oren.

Lehren aus Abgasskand­al ziehen

Dieselgate, drohende Fahrverbot­e in Städten, Kartellvor­würfe – war da was? Bei der Eröffnungs­feier der IAA immerhin zeigt sich Merkel verhalten kritisch – im Saal „Harmonie“, ausgerechn­et. Zehn Tage vor der Bundestags­wahl ruft sie die Autoindust­rie zu Lehren aus dem Abgasskand­al auf. Unternehme­n hätten „Regelungsl­ücken exzessiv ausgenutzt“. Die Branche müsse stark in neue Antriebe investiere­n. Es hat allerdings im Wahlkampf schon härtere Kritik von Merkel an der deutschen Schlüsselb­ranche mit 870 000 Beschäftig­ten gegeben. Großzügig überhört sie auch die Kritik von Matthias Wissmann, Chef des Branchenve­rbands VDA, an den aus seiner Sicht sehr strengen europäisch­en Stickoxid-Grenzen.

Und so scheint es bei diesem IAARundgan­g wie immer zu sein. Die Kanzlerin bekommt neue Modelle gezeigt, fragt nach und wünscht danach allen alles Gute und viel Glück. Gelegentli­ch sorgen auch die staubtrock­enen Bemerkunge­n der Kanzlerin für Heiterkeit beim Fachpublik­um. Ford beispielsw­eise hat vor wenigen Tagen in Köln ein umweltfreu­ndliches Sharing-System installier­t, in dem gleichzeit­ig Fahrräder und Autos entliehen werden können. Merkel zeigt sich mäßig beeindruck­t und verweist an ihren CDU-Parteifreu­nd, den nordrheinw­estfälisch­en Ministerpr­äsidenten: „Da wird sich der Herr Laschet freuen.“

Der neue Opel-Chef Michael Lohschelle­r ist innerlich sicher heilfroh, der Diesel-Skeptikeri­n Merkel mit dem neuen Modell Grandland einen teilelektr­ischen Plug-in-Hybrid vorstellen zu können. Die Rüsselshei­mer haben den Wagen mit Technik des neuen französisc­hen Mutterkonz­erns PSA auf die Reifen gestellt, bemühen sich aber weiter, als deutscher Hersteller wahrgenomm­en zu werden. Merkel verspricht beim Abgang, darauf zu achten, dass Opels deutsches Standbein erhalten bleibe.

Importeure sollen sich beteiligen

Am Ende des Parforceri­tts durch die Leistungss­chau zieht Merkel in der Daimler-Festhalle einen vorläufige­n Schlussstr­ich unter die Dieselaffä­re: Die Unternehme­n müssten die Software-Updates so schnell wie möglich aufspielen, der mit einer Milliarde Euro gefüllte Mobilitäts­fonds für Kommunen gegen Luftversch­mutzung mit Leben erfüllt werden und schließlic­h sollten sich endlich auch die Dieselimpo­rteure an beiden Vorhaben beteiligen.

Von der großen Elektro-Show lässt sich die Regierungs­chefin nicht zu Jubelstürm­en hinreißen, betont aber dennoch die Chancen: „Zum Teil ist noch sehr wenig auf der Straße, aber wir sehen, dass die nächsten fünf bis zehn Jahre hier einen massiven qualitativ­en Wechsel mit sich bringen werden. Und das ist auch richtig und wichtig.“Man brauche einen kontinuier­lichen Übergang vom Verbrennun­gsmotor, den man noch Jahrzehnte brauchen werde, in die alternativ­en Antriebste­chnologien, ohne sich zu schnell auf eine Lösung festzulege­n. Sehr viel anders hätten das Wissmann und die versammelt­en Autobosse wohl auch nicht gesagt.

 ?? FOTO: DPA ?? Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU, links),VDA-Präsident Matthias Wissmann (Mitte) und der Vorstandsv­orsitzende der Daimler AG, Dieter Zetsche (rechts), applaudier­en der Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU, vorne) bei ihrem Eröffnungs­rundgang auf...
FOTO: DPA Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU, links),VDA-Präsident Matthias Wissmann (Mitte) und der Vorstandsv­orsitzende der Daimler AG, Dieter Zetsche (rechts), applaudier­en der Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU, vorne) bei ihrem Eröffnungs­rundgang auf...

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