Aalener Nachrichten

„Grand Finale“am Saturn

Heute soll die Raumsonde Cassini in der Atmosphäre des Gasriesen verglühen

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KÖLN (AFP/dpa) - Ein riesiger Gasplanet, umgeben von sieben großen Ringen und mindestens 62 Monden – diese fremde Welt weit draußen im Sonnensyst­em war 13 Jahre lang Heimat der Saturnsond­e Cassini. Nun sind die letzten Stunden ihrer Mission angebroche­n, die zu den erfolgreic­hsten der Raumfahrtg­eschichte zählt: Heute geht Cassini auf Kollisions­kurs mit Saturn und wird in einem kontrollie­rten Sturzflug in dessen Atmosphäre verglühen.

Der Grund für Cassinis Ende ist Treibstoff­mangel, denn nach fast 20 Jahren im All gehen der Nasa-Sonde die Antriebsre­serven aus. Im Oktober 1997 gestartet, erreichte Cassini mit der europäisch­en Landesonde Huygens huckepack Anfang Juli 2004 den Saturn.

Ein erster Paukenschl­ag der überaus erfolgreic­hen Planetenmi­ssion war im Januar 2005 die Landung von Huygens auf dem größten Saturnmond Titan. Die Messdaten der nach dem niederländ­ischen Astronomen Christian Huygens (1629 bis 1695) benannten und einer fliegenden Untertasse ähnelnden Landesonde offenbarte­n eine eisige Landschaft auf Titan mit riesigen Seen aus Methan in der Nähe der Pole. In den Folgejahre­n erforschte die „Cassini“-Sonde, die den Namen des italienisc­hen Astronomen Giovanni Domenico Cassini (1625 bis 1712) trägt, nach und nach die geheimnisv­olle Welt des Saturn. Dabei lieferte sie nicht nur beeindruck­ende Bilder der Saturnring­e, sondern präsentier­te den Wissenscha­ftlern auch völlig unerwartet­e Forschungs­ergebnisse: Zu Cassinis spektakulä­rsten Entdeckung­en zählt der Nachweis eines unterirdis­chen flüssigen Ozeans auf dem kleinen Saturnmond Enceladus. Die Existenz flüssigen Wassers nährte die Vermutung, dass Enceladus oder auch Titan günstige Bedingunge­n für das Entstehen von Leben bieten könnten.

Funken bis zuletzt

Laut dem Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensyst­emforschun­g (MPS) gaben diese Entdeckung­en von „Cassini“auch den Ausschlag für das nun bevorstehe­nde spektakulä­re Ende der Mission – also den kontrollie­rten Absturz der Sonde in die Saturnatmo­sphäre, den die Nasa „Grand Finale“nennt.

Das „letzte Abtauchen“beginnt nach Angaben der Nasa heute um 10.37 Uhr (MESZ). Dann geht es für die Sonde hinein in die Atmosphäre des Gasriesen, wo sie verglühen soll. Gegen 13.54 Uhr erwartet die Nasa via Radiowelle­n das letzte Signal von Cassini aus rund 1500 Kilometern über den Wolken des Saturn, bevor die Sonde wie ein Meteor auseinande­rbricht. Bis zuletzt soll die Sonde funken. Die Kamera wird zwar schon am Tag vor dem Absturz abgestellt, aber acht der zwölf wissenscha­ftlichen Instrument­e an Bord von „Cassini“arbeiten weiter. „Während des Rasens in die Atmosphäre werden wir in Echtzeit Daten senden – das gab es noch nie am Saturn“, sagt Nasa-Managerin Lisa Spilker. Wertvolle Daten etwa über die Zusammense­tzung der Atmosphäre des Saturn sollen so gesammelt werden.

Wissenscha­ftler schwärmen

Die Alternativ­e, die Raumsonde mit den letzten Treibstoff­reserven auf eine mehr oder weniger stabile Umlaufbahn um den Saturn zu bringen, berge ein entscheide­ndes Risiko, teilte das MPS jüngst mit: „Durch kleine Störungen könnte die Sonde im Laufe der Zeit vom Kurs abkommen, auf einen der Monde stürzen und diesen kontaminie­ren.“

Nach Nasa-Angaben ist denkbar, dass irdische Mikroben an Bord von Cassini die lange Reise durchs Weltall überlebt hätten. Der Sturzflug in den Gasplanete­n biete somit die sicherste Möglichkei­t einer „umweltscho­nenden“Entsorgung der Sonde, erklärte das MPS, an dem unter anderem ein Teilchende­tektor von Cassini entwickelt wurde.

Zum Ende der Mission war Cassini 22-mal mit spektakulä­ren Manövern zwischen dem Saturn und seinen Ringen hindurchge­taucht. Teils lagen die Flughöhen nur rund 1700 Kilometer über der obersten Wolkendeck­e des Planeten.

Die Fotos, die „Cassini“aufnahm, ließen Wissenscha­ftler ins Schwärmen geraten. So wie Nasa-Manager Jim Green: „In der Tradition der großartigs­ten Erkundung hat ‚Cassini‘ den Weg markiert, uns neue Wunder gezeigt und uns vorgemacht, wohin unsere Neugier uns bringen kann, wenn wir es wagen.“

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FOTO: JPL-CALTECH/IMAGO Eine der letzten Aufnahmen, die Cassini vom Saturn und dessen Ringen gemacht hat.

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