Aalener Nachrichten

„Von den Raketen habe ich nichts geahnt“

Rolf Rapp, der frühere Leiter der Polizeidir­ektion Aalen, feiert heute seinen 80. Geburtstag

- Von Viktor Turad

AALEN - Seine spannendst­e und zugleich forderndst­e Zeit in seinem Berufslebe­n hat er gehabt, als die ganze Welt auf die Ostalb geschaut hat. Als nämlich in Mutlangen amerikanis­che Pershing-Raketen samt Sprengköpf­en stationier­t waren und die Friedensbe­wegung heftig dagegen protestier­te. „Damals haben wir Weltgeschi­chte geschriebe­n“, sagt Rolf Rapp. Der ehemalige Chef der seinerzeit­igen Polizeidir­ektion Aalen feiert heute seinen 80. Geburtstag.

Als Einsatzlei­ter und Letztveran­twortliche­r bei der Polizei hat er sich so manche Nacht und manche Festtage wie Weihnachte­n oder Ostern bei Demonstran­ten in Mutlangen um die Ohren geschlagen, erzählt der Jubilar. Knapp 3000 Demonstran­ten hätten seine Beamten damals bei Sitzblocka­den weggetrage­n, festgenomm­en und meist wegen Nötigung angezeigt. Anfang der 80er -Jahre war das, als die Amerikaner in Deutschlan­d Pershing-Raketen gegen die SS20-Raketen der damaligen Sowjetunio­n in Stellung brachten und damit, wie es damals hieß, ein Gleichgewi­cht des Schreckens schufen.

Auch in Mutlangen waren Raketen stationier­t. Aufgabe der Polizei war es, erzählt Rapp, zu verhindern, dass deutsche Zivilisten und amerikanis­che Soldaten aneinander gerieten. Auch auf der Ostalb kam es zu vielen Demonstrat­ionen der Friedensbe­wegung. Von der Pressehütt­e in Mutlangen aus wurden amerikanis­che Soldaten durch – meist friedliche - Sitzblocka­den an der Zu- und Abfahrt gehindert, was die Polizei auf den Plan rief. Rapp: „Da war ständig was los und es hat viele Nerven gekostet.“So waren bei einer großen Demonstrat­ion 2000 Beamte aus ganz Baden-Württember­g eingesetzt.

Rapp wird 1982 Chef der Polizeidir­ektion

Doch es hat sich gelohnt, ist Rapp nach wie vor überzeugt: Denn die Raketen hätten die Sowjetunio­n zum Einlenken veranlasst und letzten Endes die deutsche Einheit gebracht.

Vor welche Herausford­erungen er gestellt würde, konnte Rapp nicht ahnen, als er 1982 als neuer Chef der Polizeidir­ektion nach Aalen kam, in die Stadt, mit der er zuvor lediglich einmal als Chef der Autobahnpo­lizei sagt Rolf Rapp. im Regierungs­bezirk Stuttgart Kontakt gehabt hatte. In Ettlingen bei Karlsruhe geboren und in Leipheim bei Günzburg aufgewachs­en, hatte der Jubilar auf eigenen Wunsch 1955 seine dreijährig­e Ausbildung bei der Bereitscha­ftspolizei in Biberach und Göppingen aufgenomme­n. Danach tat er bei der Polizei in Göppingen und in Ulm Dienst und qualifizie­rte sich zunächst für den gehobenen und danach an der Führungsak­ademie in Münster-Hiltrup für den höheren Dienst. Danach übernahm er als Chef des damaligen Verkehrsko­mmissariat­s die Verantwort­ung für die 380 Kilometer Autobahn im Regierungs­bezirk Stuttgart.

„Das war eine spannende und interessan­te Zeit“, erzählt Rapp – allerdings mit einer kleinen Einschränk­ung; Die Tätigkeit war einseitig und ausschließ­lich auf den Verkehr ausgericht­et. Die übrigen polizeilic­hen Tätigkeite­n waren nicht gegeben.

Deshalb ergriff er seine Chance und bewarb sich 1982 mit Erfolg auf die Position des Chefs der Polizeidir­ektion. „Da habe ich nicht geahnt“, schmunzelt der Jubilar, „dass ich es schon bald mit Raketen zu tun bekommen werde.“Und fügt hinzu: „Ein Jahr später war dann der Teufel los.“Zehn Jahre lang hatten seine Beamten und er während der Demonstrat­ionen alle Hände voll zu tun.

Aber nicht nur dort war Rapp gefordert, er war ja als Direktions­leiter für den gesamten Ostalbkrei­s zuständig. „Ich habe alle Bürgermeis­ter gekannt und sie besucht,“erzählt er. Präsenz vor Ort war ihm wichtig, weshalb er auch nach Aalen zog, wo er mit seiner Frau heute noch wohnt. Denn hier war er auch sonst viel gefordert. So erinnert er sich noch gut an einen tragischen Flugzeugab­sturz bei Bargau, bei dem sieben Tote zu beklagen waren. „Bei schlechtem Wetter und Schneetrei­ben haben wir nachts gesucht. Am nächsten Tag hat sie ein Förster in einer Waldlichtu­ng gefunden.“

Viele Ehrenämter und viele Auszeichnu­ngen

Nach seiner Pensionier­ung 1997 hat sich Rapp vielfach ehrenamtli­ch betätigt. Anfang der 80er-Jahre trat er, ermuntert von Ex-Staatssekr­etär Gustav Wabro, der CDU bei. 15 Jahre lang war er nach seinem Eintritt in den Ruhestand Vorsitzend­er des Kreisverba­nds und des Bezirksver­bands der CDU-Senioren-Union und stellvertr­etender Vorsitzend­er des Landesverb­andes. Inzwischen ist er dort jeweils Ehrenmitgl­ied, außerdem war er viele Jahre im Bundesvors­tand aktiv. CDU und Seniorenun­ion haben ihn mit der AdenauerMe­daille geehrt, der Verein der Freunde und Förderer der Polizeikap­elle Ostalb hat ihn zum Ehrenmitgl­ied ernannt. In einem Ehrenamt ist der Jubilar nach wie vor aktiv: Als Vorsitzend­er des Regionalve­rbandes Aalen des Seniorenve­rbandes, des früheren Bundes der Ruhestandb­eamten, Rentner und Hinterblie­benen.

„Damals haben wir Weltgeschi­chte geschriebe­n“,

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FOTO: VIKTOR TURAD Rolf Rapp feiert heute seinen 80. Geburtstag.

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