Der Aufschwung geht weiter
Wirtschaftsforscher heben Wachstumsprognose für 2017 kräftig an
BERLIN - Beste Aussichten für die deutsche Wirtschaft, für Arbeitnehmer und Verbraucher: Deutschland kann weiter mit kräftigem Wachstum, neuen Arbeitsmarktrekorden und steigenden Löhnen rechnen. Ob der Aufschwung als Rückenwind für die künftige Regierung wirkt, ist offen. Hintergründe zur Herbstprognose der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute.
Wie wird sich die Konjunktur entwickeln?
Die Forscher haben ihre Prognose noch einmal erhöht: Demnach wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 1,9 Prozent und 2018 um zwei Prozent zulegen. Der ungewöhnlich lange Aufschwung setzt sich fort, wird nicht allein von starkem privatem Konsum, sondern auch von kräftigerer Auslandsnachfrage getragen. Die Binnennachfrage bleibt zwar hoch, steigt aber nicht mehr – unter anderem wegen der steigenden Abgabenbelastung. Für 2019 wird dennoch mit 1,8 Prozent Wachstum gerechnet.
Was prognostizieren die Institute für den Arbeitsmarkt?
Sie gehen von einer weiteren Verbesserung der Lage aus. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte demnach bis 2019 auf mehr als 45 Millionen steigen – ein neuer Rekordwert. Die Arbeitslosenquote werde von 5,7 Prozent in diesem Jahr auf 5,2 Prozent absinken. Zunehmend werde Fachkräftemangel zur Wachstumsbremse, warnen die Institute.
Was lässt sich über die Löhne sagen?
Es geht kräftig nach oben. Die führenden Wirtschaftsforscher gehen von einer zunehmenden Lohndynamik aus. Im ersten Halbjahr stiegen die Bezüge je Arbeitnehmer um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hintergrund ist unter anderem die Erhöhung des Mindestlohns auf 8,84 Euro. Die positive Lohnentwicklung dürfte sich fortsetzen und 2019 ein Plus von 3,2 Prozent erreichen. Die Experten gehen davon aus, dass die Gewerkschaften unter Verweis auf steigende Inflation höhere Forderungen durchsetzen können.
Bleibt unter dem Strich mehr im Portemonnaie?
Das hängt neben der Lohnentwicklung von den Preisen ab. Für das laufende und das kommende Jahr wird mit einer Teuerung um 1,7 Prozent gerechnet, für 2019 mit einer Inflationsrate von 1,8 Prozent.
Kann die neue Bundesregierung aus dem Vollen schöpfen?
„Die neue Bundesregierung startet mit viel konjunkturellem Rückenwind“, erklärte Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Die Forscher erwarten, dass die staatlichen Einnahmen weiter sprudeln. Der Budgetüberschuss von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen wird demnach in diesem Jahr auf 26 Milliarden Euro steigen, 2018 wären es bereits 37 Milliarden Euro und 2019 dann 44 Milliarden Euro. Dieser Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass es nicht zu umfangreicheren Steuersenkungen kommt.
Was schreiben die Institute der künftigen Regierung ins Aufgabenheft?
Sie bemängeln, dass die Wirtschaftspolitik zuletzt wenig an Wachstum orientiert gewesen sei, und fordern, Überschüsse zur Verbesserung der ökonomischen Rahmenbedingungen zu verwenden. Im Klartext: für Investitionen und Steuersenkungen. Die Institute plädieren für eine Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung und grundlegende Reformen bei der Rente. Sie fordern zwar keine generelle Anhebung der Altersgrenze, dafür aber mehr Flexibilität. Wer nicht länger arbeiten will, solle höhere Beiträge in Kauf nehmen. Wer länger arbeite, habe dann die Aussicht auf eine höhere Rente.